MB/KT § 15 Abs. 1 lit. b

Leitsatz

Sehen die Bedingungen einer Krankentagegeldversicherung vor, dass nicht versicherungsfähig ist, "wer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder Altersruhegeld bezieht", dann kann dies (so hier) auch diejenige Rente aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung erfassen, die wegen sog. fingierter Berufsunfähigkeit (Fortdauer der Unfähigkeit zur Tätigkeit nach einer bestimmten Zeit) gezahlt wird.

OLG Hamm, Beschl. v. 10.2.2016 – 20 U 204/15

Sachverhalt

Die Kl. nimmt den Bekl. auf Rückzahlung von Krankentagegeldleistungen für den Zeitraum 1.8.2012 bis 3.4.2013 in Anspruch, weil er nach ihren Tarifbedingungen wegen des Bezugs einer Berufsunfähigkeitsrente vom 1.5.2012 bis zum 31.5.2013 nicht mehr versicherungsfähig gewesen sei. Der Bekl. meint, er sei trotz Rentenbezugs weiter versicherungsfähig gewesen, weil die Rente nur aufgrund fingierter Berufsunfähigkeit gezahlt wurde, nicht wegen tatsächlicher Berufsunfähigkeit. Widerklagend verlangt er von der Kl. deshalb weitere Krankentagegeldleistungen für den Zeitraum vom 4.4. bis zum 21.5.2013.

2 Aus den Gründen:

" … Die Kl. hat Anspruch auf Rückzahlung der für den Zeitraum 1.8.2012 bis 3.4.2013 erbrachten Krankentagegeldleistungen. Denn sie war wegen des zeitgleichen Bezugs von Berufsunfähigkeitsrenten vom 1.5.2012 bis zum 31.5.2013 durch den Bekl. nicht leistungspflichtig. Aus diesem Grund kann der Bekl. für diesen Zeitraum auch keine weiteren Leistungen fordern."

1. Gem. § 11 S. 2 MB/KT sind die für die Zeit nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses empfangenen Leistungen zurückzugewähren.

a) Gem. § 15 Abs. 1 lit. a MB/KT endet das Versicherungsverhältnis bei Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit.

Versicherungsfähig ist gem. Ziff. 2 S. 3 der Tarifbedingungen zum vereinbarten Tarif V nicht, wer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder Altersruhegeld bezieht.

Die Versicherungsfähigkeit entfällt damit auch bei Bezug einer Rente wegen fingierter Berufsunfähigkeit, wie sie der Bekl. aufgrund seiner mehr als sechs Monate andauernden Arbeitsunfähigkeit erhalten hat.

Berufsunfähigkeit i.S.v. Ziff. 2 S. 3 der Tarifbedingungen ist nicht nur dann anzunehmen, wenn der Versicherte nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist, was bereits gem. § 15 Abs. 1 lit. b MB/KT zur Beendigung des Versicherungsverhältnisses führen soll. Vom Standpunkt eines durchschnittlichen VN ist die Regelung in Ziff. 2 S. 3 der Tarifbedingungen vielmehr dahin auszulegen, dass zumindest auch der Rentenbezug wegen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit i.S.d. Bedingungen des Berufsunfähigkeitsversicherers der Versicherungsfähigkeit entgegensteht …

Ein verständiger VN wird die Formulierung “wer Rente wegen … Berufsunfähigkeit … bezieht‘ dahin verstehen, dass es auf den tatsächlichen Bezug einer Rente wegen Berufsunfähigkeit ankommt. Die Frage, wie Berufsunfähigkeit als Grund des Rentenbezugs zu verstehen ist, wird in Ziff. 2 S. 3 der Tarifbedingungen nicht beantwortet. Dennoch wird der um Verständnis bemühte VN die Klausel nicht dahin auslegen, dass nur ein Rentenbezug wegen Berufsunfähigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 lit. b MB/KT zum Wegfall der Versicherungsfähigkeit führt. Denn er erkennt ohne Weiteres, dass der Rentenbezug “wegen Berufsunfähigkeit‘ sich nicht nach den Bedingungen der Kl. richtet, weil diese gerade keine Berufsunfähigkeitsrente verspricht, sondern Krankentagegeldleistungen. Wegen der denkbaren unterschiedlichen Regelungsmöglichkeiten in der Krankentagegeld- und Berufsunfähigkeitsversicherung wird der durchschnittliche VN erkennen, dass eine “Rente wegen Berufsunfähigkeit‘ auch in anderen Fallgestaltungen gewährt wird als in denen des § 15 Abs. 1 lit. b MB/KT und dass es maßgeblich darauf ankommt, ob der andere VR “Rente wegen Berufsunfähigkeit‘ gewährt (Senat VersR 2002, 1138).

Dies ergibt sich für den um Verständnis bemühten VN auch daraus, dass die Regelung in § 15 Abs. 1 lit. a) MB/KT Ziff. 2 S. 3 der Tarifbedingungen sonst für den Fall des Bezugs einer Berufsunfähigkeitsrente keine eigenständige Bedeutung hätte, weil das Versicherungsverhältnis dann schon gem. § 15 Abs. 1 lit. b MB/KT enden würde.

Im Übrigen lässt sich aus dem Sinnzusammenhang von § 15 Abs. 1 lit. a MB/KT i.V.m. Ziff. 2 S. 3 der Tarifbedingungen auch für den durchschnittlichen VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse darauf schließen, dass ein Nebeneinander von Krankentagegeld- und Berufsunfähigkeitsleistungen von der Kl. nicht gewollt ist. Deshalb ist unerheblich, ob die von einem privaten Berufsunfähigkeitsversicherer gezahlte Rente wegen dauernder oder sog. fingierter Berufsunfähigkeit gezahlt wird. Für die Versicherungsfähigkeit schädlich sind Rentenzahlungen aus jedem der beiden genannten Rechtsgründe. …

Soweit der Bekl. darauf abhebt, dass er tatsächlich nur arbeitsunfähig gewesen sei und sich das Risiko einer Ber...

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