Im Fall der Übernahme einer neuen Eigentümergemeinschaft sind für den Verwalter stets 2 Konstellationen zu unterscheiden:

  • Übernahme einer Erstverwaltung in einer neu begründeten Eigentümergemeinschaft
  • Verwaltungsübernahme einer bestehenden Eigentümergemeinschaft

1.2.1 Übernahme einer Erstverwaltung

Übernimmt der Verwalter die Erstverwaltung einer neu entstandenen Wohnungseigentümergemeinschaft, hat er die Gemeinschaftsordnung dahingehend zu prüfen, ob Regelungen über die Bildung einer Erhaltungsrücklage vorhanden sind. In aller Regel wird dies der Fall sein. Der Verwalter hat dann nicht mehr für eine Beschlussfassung über die Bildung einer Erhaltungsrücklage zu sorgen, sondern nur noch die konkrete Höhe der Beitragszahlungen der Wohnungseigentümer beschließen zu lassen.

Auch dies bedarf keiner ausdrücklichen Beschlussfassung insoweit, als der Verwalter berechtigt ist, eine seinem Ermessen nach angemessene Beitragsverpflichtung zur Erhaltungsrücklage in den von ihm zu erstellenden Wirtschaftsplan einzustellen. Da den Wohnungseigentümern ein Entwurf dieses Wirtschaftsplans ohnehin im Vorfeld der Beschlussfassung über die Festsetzung der Hausgeldvorschüsse mit dem Ladungsschreiben zu übersenden ist, sind sie auch in Kenntnis der vom Verwalter für angemessen erachteten Beitragshöhe und des auf ihre Sondereigentumseinheit entfallenden Anteils.

Ist in der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung die Bildung einer Erhaltungsrücklage nicht ausdrücklich angeordnet, hat der Verwalter eine Beschlussfassung über deren Bildung zu initiieren. Mit Blick auf die Höhe der zu bildenden Rücklage ist den Wohnungseigentümern ein weites Ermessen eingeräumt.[1] Der Verteilungsschlüssel folgt demjenigen, der für die Kosten der Erhaltung des Gemeinschaftseigentums vorgesehen ist. Fehlen auch insoweit Regelungen in der Gemeinschaftsordnung, hat der Verteilungsschlüssel des § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG zur Anwendung zu kommen. Die Beiträge zur Erhaltungsrücklage sind den Wohnungseigentümern dann also nach Miteigentumsanteilen aufzuerlegen.

 

Musterbeschluss: Bildung einer Erhaltungsrücklage

TOP XX Bildung einer Erhaltungsrücklage

Die Wohnungseigentümer beschließen die Bildung einer Erhaltungsrücklage gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG. In Bemessung der insoweit von den Wohnungseigentümern zu leistenden Beiträge, orientieren sich die Wohnungseigentümer an den Ansätzen des § 28 Abs. 2 II. BV unter Berücksichtigung einer Anpassung dieser Ansätze an die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes in Deutschland zum 1.1.2023. Hiernach angemessen ist ein Beitrag in Höhe von 10,61 EUR pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr. Da die Wohnungseigentumsanlage über einen Aufzug verfügt, erhöht sich vorgenannter Betrag entsprechend der Regelung in § 28 Abs. 2 II. BV ebenfalls unter Berücksichtigung einer Anpassung der Ansätze an die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes in Deutschland zum 1.1.2023 um 1,30 EUR auf 11,91 EUR pro Quadratmeter Wohnfläche jährlich.

Den Wohnungseigentümern ist bewusst, dass in der Wohnanlage die beiden Erdgeschosseinheiten als Teileigentumseinheiten nicht zu Wohnzwecken, sondern zu gewerblichen Zwecken dienen. Die Wohnungseigentümer sind sich insoweit einig, dass die Nutzflächen der beiden Teileigentumseinheiten wie Wohnflächen zu behandeln sind, was die Bemessung der mit diesem Beschluss zu bildenden Erhaltungsrücklage betrifft. Die Wohnfläche der 10 Wohnungseigentumseinheiten und die Nutzfläche der beiden Teileigentumseinheiten addieren sich auf insgesamt 850 Quadratmeter. Insoweit beschließen die Wohnungseigentümer die Bildung einer jährlichen Erhaltungsrücklage für das Gemeinschaftseigentum in Höhe von 10.123,50 EUR.

Die auf die einzelnen Sondereigentümer entfallenden Beiträge errechnen sich entsprechend der in der Gemeinschaftsordnung vom _______ geregelten Kostenverteilung für Erhaltungsmaßnahmen nach Miteigentumsanteilen. Die konkrete Höhe der insoweit auf die einzelnen Sondereigentumseinheiten entfallenden Beträge sind der im zum nächsten Tagesordnungspunkt zur Beschlussfassung stehenden Festsetzung der Hausgeldvorschüsse auf Grundlage des Wirtschaftsplans zu entnehmen.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen: _____

Nein-Stimmen: _____

Enthaltungen: _____

Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:

__________________

Der Beschluss wurde angenommen/abgelehnt.

[1] Siehe Kap. 3 Bemessung der Rücklage.

1.2.2 Übernahme einer Bestandsgemeinschaft

Bei Übernahme einer bestehenden Eigentümergemeinschaft als Nachfolgeverwalter hat der übernehmende Verwalter die Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen der letzten Wirtschaftsperioden dahingehend zu überprüfen, ob und in welcher Höhe Beiträge zur Erhaltungsrücklage geleistet wurden. Allein den Bankkontenunterlagen des Vorverwalters wird er dies nur dann entnehmen können, wenn die Gelder der Erhaltungsrücklage getrennt vom gemeinschaftlichen Girokonto auf einem gesonderten Bankkonto angelegt sind.

Ist eine Erhaltungsrücklage entgegen entsprechender Vorgaben der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung nicht gebildet, hat ein Verwalter einen entsprechenden Beschluss herbeizuführe...

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