Wie bereits erwähnt, stellt die Erhaltungsrücklage einen Bestandteil des gemeinschaftlichen Verwaltungsvermögens nach § 9a Abs. 3 WEG dar. Dies hat zur Konsequenz, dass die einzelnen Wohnungseigentümer keinen Anteil an der Erhaltungsrücklage haben. Sie haben auch keinen "ideellen" Anteil an der Rücklage. Letztlich haben Wohnungseigentümer ganz allgemein keine unmittelbaren, sondern nur mittelbare, über die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft abgeleitete Rechte am Gemeinschaftsvermögen.[1]

Wenn ein Wohnungseigentümer seine Sondereigentumseinheit veräußert, geht damit auch kein entsprechender Anteil an der Erhaltungsrücklage auf den Erwerber über – egal ob auf den rechtgeschäftlichen oder denjenigen, der die Sondereigentumseinheit im Wege der Zwangsversteigerung erwirbt.

Ob die Parteien eines Kaufvertrags über eine Sondereigentumseinheit überhaupt rechtswirksam die Möglichkeit haben, einen Kaufpreisanteil bezüglich der vom Veräußerer geleisteten Beiträge zur Erhaltungsrücklage verbindlich zu bestimmen, ist äußerst fraglich. Eine entsprechende Entscheidung des OLG Köln[2] ist äußerst bedenklich: Das Gericht ist jedenfalls der Auffassung, die Berechtigung an einer Erhaltungsrücklage gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft gehe kraft Gesetzes mit Übertragung des Eigentums an der Wohnung auf den Erwerber über. Dieser Ansatz ist bereits vor dem Hintergrund verfehlt, als eine Berechtigung an der Rücklage des einzelnen Wohnungseigentümers gerade nicht besteht.

Ausgehend vom Standpunkt des Gerichts können die Kaufvertragsparteien für den Übergang dieses Anspruchs einen gesonderten Kaufpreis vereinbaren und demzufolge im Gegenzug eine rechtsgeschäftliche Abtretung des Anteils an der Erhaltungsrücklage. Freilich ist auch dieser Ansatz abwegig, weil die Abtretung eine Forderung voraussetzt, die mit Blick auf einen "Rücklagen-Anteil" gerade nicht existiert.

Mit der Vereinbarung eines Kaufpreises für die Erhaltungsrücklage sollen die Kaufvertragsparteien dann einen Rechtskauf nach § 453 Abs. 1 BGB vereinbart haben, der im Fall der Fälle erhebliche negative Konsequenzen für den veräußernden Wohnungseigentümer haben kann. Weist der "Anteil" des veräußernden Wohnungseigentümers nämlich tatsächlich nicht die im Vertrag vereinbarte Höhe auf, liegt nach Auffassung des OLG Köln ein Rechtsmangel vor, da ein Recht vorgespiegelt wird, das nicht in dem nach dem Vertrag vereinbarten Umfang besteht. Dieser Mangel soll den Käufer dann zur Minderung des Kaufpreises in Höhe der Differenz berechtigen.

 

Tipp: Rücklagen-"Anteil" nicht gesondert "vereinbaren"

Wie bereits ausgeführt, führt ein im Kaufpreis enthaltener Rücklagenanteil nicht zur Verminderung der Grunderwerbsteuer. Regelungen im Kaufvertrag sollten jedenfalls vor dem Hintergrund der Entscheidung des OLG Köln unterbleiben, will sich der veräußernde Wohnungseigentümer dem Erwerber gegenüber nicht schadensersatzpflichtig machen, auch wenn wohl auszuschließen sein dürfte, dass ein anderes Gericht dieser Entscheidung folgen wird.

[1] LG München I, Beschluss v. 8.11.2022, 36 S 6500/22 WEG.

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