Begriff

§ 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG sieht als Regelbeispiel ordnungsmäßiger Verwaltung "die Ansammlung einer angemessenen Erhaltungsrücklage" vor. Gemeint ist die Ansammlung einer angemessenen Geldsumme, die der wirtschaftlichen Absicherung künftig notwendiger Erhaltungs-, also Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum dient.[1]

Verzicht auf Bildung einer Erhaltungsrücklage durch Vereinbarung

Ob die Wohnungseigentümer vereinbaren können, dass eine Erhaltungsrücklage nicht zu bilden ist, ist zwar nicht abschließend geklärt, wird allerdings in der Literatur durchaus angenommen. Einschlägige Rechtsprechung existiert vor dem Hintergrund nicht, dass es selbstverständlich sowohl im Interesse des teilenden Eigentümers als auch der Wohnungseigentümer liegt, eine Rücklage zu bilden. Jedenfalls müssen Erhaltungsmaßnahmen finanziert werden. Eine Erhebung entsprechender Sonderumlagen im jeweiligen Einzelfall kann für einzelne Wohnungseigentümer mit erheblich größeren Belastungen verbunden sein, als ein kontinuierliches Ansparen für den Fall der Fälle.

Initiierung durch Verwalter

In 1. Linie ist es Aufgabe des Verwalters, die Beschlussfassung über die Bildung einer Erhaltungsrücklage zu initiieren, soweit deren Bildung nicht bereits in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung angeordnet ist. Er ist insoweit Organ bzw. Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die grundsätzlich für ihre finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen hat.[2] Ordnet bereits die Gemeinschaftsordnung die Bildung einer Erhaltungsrücklage an, muss der Verwalter nicht erst einen entsprechenden Beschluss herbeiführen. Allerdings obliegt die Entscheidung über die Höhe der zu bildenden Rücklage den Wohnungseigentümern durch Beschlussfassung.

 

"Schlagende" Argumente für die Bildung einer Rücklage

Egal, ob einzelne Wohnungseigentümer oder der Verwalter für die Bildung einer Erhaltungsrücklage plädieren – schlagendes Argument für die Bildung einer Erhaltungsrücklage ist in jedem Fall ein unerwarteter Instandsetzungsbedarf des Gemeinschaftseigentums infolge höherer Gewalt. Werden z. B. infolge von Unwettern wie Lothar, Kyrill oder Friederike ganze Dächer von Wohnanlagen mit einem Instandsetzungsbedarf von mehreren 10.000 EUR abgedeckt, dürfte für jeden Wohnungseigentümer nachvollziehbar sein, dass

  • durch die vorsorgliche Ansammlung von Kapital sichergestellt ist, dass bei einem unvorhergesehenen plötzlich auftretenden Reparaturbedarf die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen und die Wohnanlage nicht wegen fehlender Mittel verwahrlost;
  • zugleich vermieden wird, dass weniger zahlungskräftige Wohnungseigentümer in finanzielle Bedrängnis geraten und somit auch der Gefahr einer ungleichen finanziellen Belastung vorgebeugt wird, die entstehen würde, wenn zahlungsunwillige oder -unfähige Wohnungseigentümer für andere Wohnungseigentümer einspringen müssten;
  • es die Wohnungseigentümer finanziell weniger belastet, die Mittel für große Reparaturen und Ersatzbeschaffungen durch kontinuierliche Zahlung verhältnismäßig geringer Beträge anzusammeln, als den Gesamtbetrag im Zeitpunkt der tatsächlichen Ausführung der Reparatur leisten zu müssen;
  • Erwerber von Wohnungseigentum anteilig in Höhe der angesammelten Mittel für eine Abnutzung aus der Zeit vor dem Erwerb nicht aufkommen müssen.
[1] Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 19 Rn. 3.

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