Auf Grundlage eines Begehungsprotokolls und der Ergebnisse einer ergänzenden Kontrolle bestimmter Bereiche des Gemeinschaftseigentums durch Fachunternehmen, sollte hinsichtlich des ermittelten Erhaltungsbedarfs eine Prioritätenliste erarbeitet und die Wohnungseigentümer entsprechend informiert werden.

Die Entscheidung über das "Ob" und "Wie" erforderlicher Maßnahmen der Erhaltung bzw. Instandhaltung und Instandsetzung obliegt den Wohnungseigentümern und nicht dem Verwalter, soweit es sich nicht mehr um solche von untergeordneter Bedeutung handelt.[1]

Im Rahmen der Beschlussfassung über Maßnahmen der Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums haben die Wohnungseigentümer einen weiten Ermessensspielraum.[2] Sie müssen allerdings das Gebot der Wirtschaftlichkeit beachten und im Grunde auch auf die Leistungsfähigkeit der Wohnungseigentümer Rücksicht nehmen.[3] Die Wohnungseigentümer sind insoweit jedenfalls berechtigt, Kosten und Nutzen einer Maßnahme gegeneinander abzuwägen und nicht zwingend erforderliche Maßnahmen ggf. zurückzustellen. Ist jedoch die sofortige Instandsetzung zwingend erforderlich, ist ihr Ermessen auf "Null" reduziert und die entsprechende Maßnahme durchzuführen.[4]

 

Achtung: Bei dringendem Erhaltungsbedarf ist finanzielle Belastung unerheblich!

Entspricht nur die sofortige Vornahme der zur Erhaltung des Gemeinschaftseigentums erforderlichen Sanierungsmaßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung, ist für die Berücksichtigung finanzieller Schwierigkeiten oder des Alters einzelner Wohnungseigentümer kein Raum.[5]

 

Musterschreiben: Einladung zu außerordentlicher Eigentümerversammlung wegen Erhaltungsbedarfs

Herrn/Frau/Eheleute

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Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ______________________

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Ergebnis der am 2. Mai 20__ zusammen mit dem Verwaltungsbeirat durchgeführten Begehung der Wohnanlage nebst Außenanlagen entnehmen Sie bitte dem in Kopie als Anlage beigefügten Begehungsprotokoll.

Gleichzeitig lade ich Sie zu einer außerordentlichen Wohnungseigentümerversammlung

 
  am 2. Juni 20__, 18.00 Uhr
  im Zentral-Hotel, Raum "Unterbach"
  Hauptstraße 35, 40625 Düsseldorf.

Im Hinblick auf den festgestellten Erhaltungs- bzw. Instandsetzungsbedarf bitte ich Sie um Ihre persönliche Teilnahme an der Versammlung. Für den Fall Ihrer Verhinderung bevollmächtigen Sie bitte entsprechend den Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung Ihren Ehegatten, einen Miteigentümer oder meine Person als Verwalter. Ein Vollmachtsformular ist diesem Schreiben beigefügt.

Hinsichtlich des gelockerten Treppengeländers am Lauf zwischen dem 2. und 3. Obergeschoss habe ich heute die Firma Koch GmbH mit der unverzüglichen Befestigung des Geländers beauftragt. Sie hat Maßnahmendurchführung noch für heute Nachmittag zugesagt.

Zur Behebung des Risses an der Stufe am Eingangspodest habe ich 3 Fachunternehmen kontaktiert, die mir eine Angebotsabgabe im Lauf der nächsten Woche zugesagt haben. Sobald mir die Angebote vorliegen, werde ich Ihnen diese mit gesondertem Schreiben übersenden.

Hinsichtlich der Feuchteerscheinungen im unteren Bereich der hinteren Fassade sind entsprechende Abhilfemaßnahmen zu diskutieren und wohl ein Sachverständiger mit der Ursachenklärung zu beauftragen.

Die weiteren Tagesordnungspunkte entnehmen Sie bitte der beigefügten Tagesordnung.

Mit freundlichen Grüßen

Verwaltung

Die in diesem Einladungsschreiben zur außerordentlichen Eigentümerversammlung genannten Schäden und deren Behandlung sind wie folgt einzustufen:

  • Ein gelockertes Treppengeländer stellt stets eine erhebliche Gefährdung für Leib und Leben der Wohnungseigentümer dar, weshalb der Verwalter zur unverzüglichen Instandsetzung nicht nur verpflichtet, sondern auf Grundlage von § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG als Notmaßnahme unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherung auch berechtigt ist.[6]

  • Die Behebung des Risses am Eingangspodest erfordert keinen dringenden Handlungsbedarf, über die Instandsetzungsmaßnahme kann auch sogleich in der Wohnungseigentümerversammlung auf Grundlage der eingeholten Vergleichsangebote Beschluss gefasst werden.

  • Eine Behebung der Feuchteerscheinungen an der Gebäudefassade kann allerdings noch nicht konkret beschlossen werden, da zuvor die Ursachen der Feuchtigkeit geklärt werden müssen und auch der konkrete Maßnahmenumfang.
[4] AG Stuttgart, Urteil v. 9.2.2018, 67 C 3653/17 WEG.
[6] BayObLG, Beschluss v. 4.1.1996, 2Z BR 120/95: Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, Verwalter hätte zumindest ein provisorisches Geländer anbringen lassen müssen.

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