Ausgangssituation

Dieses Muster geht von dem folgenden konkreten Sachverhalt aus:

Die beiden Beteiligten gründeten 1996 eine GmbH, an der sie jeweils hälftig als Gesellschafter/Geschäftsführer beteiligt waren. Die Geschäftsentwicklung der GmbH verlief äußerst positiv. Die Beteiligten haben jedoch keine Angehörigen, die geeignet wären, in die Gesellschafterposition nachzurücken. 2003 schlossen sie daher einen notariellen Erbvertrag, in dem sie sich wechselseitig zu Vermächtnisnehmern ihres Geschäftsanteils einsetzten. In dem Erbvertrag ist vorgesehen, dass der überlebende Vermächtnisnehmer lebenslang Unterhaltszahlungen an die Angehörigen des Erblassers zu zahlen hat. Der Erbvertrag enthält weiterhin die Auflage, das Grab des Verstorbenen zu pflegen.

Die GmbH wurde 2006 in eine AG umgewandelt. Die Beteiligten zogen sich in den Aufsichtsrat zurück und bestellten fremde Vorstandsmitglieder. 2008 wurden 50% minus einer Aktie des Grundkapitals der AG erfolgreich an der Börse platziert.

Im Jahr 2003 war der Abschluss des Erbvertrags zivilrechtlich wegen des so sichergestellten Bestands der Gesellschaft und steuerrechtlich wegen § 19a ErbStG a.F./n.F.(Tarifbegrenzung beim Erwerb von Betriebsvermögen oder Anteilen an Kapitalgesellschaften) sinnvoll. Nach dem Wechsel in den Aufsichtsrat und dem Börsengang durch Umwandlung in eine AG ist der Grund für den Erbvertrag entfallen, da keine besondere Qualifikation der Angehörigen notwendig ist, um den Fortbestand der Gesellschaft zu gewährleisten.

Rechtlicher Hintergrund

Der Erbvertrag ist - wie das Testament - eine Verfügung von Todes wegen. Zu unterscheiden ist zwischen den vertragsmäßigen und den einseitigen Verfügungen (§ 2278 BGB). Als vertragsmäßige Verfügungen kommen nur Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen in Betracht (§ 2278 Abs. 2 BGB). Der Erbvertrag kann mit ergänzenden Vereinbarungen unter Lebenden beliebiger Art - insbesondere auch Unterhaltsvereinbarungen - zusammengefasst werden (Staudinger/Kanzleiter, Einl zu §§ 2274 ff. Rn. 8, 24.).

Der geschlossene zweiseitige Erbvertrag (Staudinger/Kanzleiter, Einl zu §§ 2274 ff. Rn. 20) enthält damit als vertragsmäßige Verfügung i.S.d. § 2278 Abs. 2 BGB die beiden Vermächtnisse sowie als schuldrechtliche Vereinbarung die Unterhaltsverpflichtung. Die Verpflichtung zur Grabpflege kann als Auflage sowohl einseitig als auch vertragsgemäß getroffen werden. Im Zweifel ist durch Auslegung zu ermitteln, ob eine vertragsmäßige oder einseitige Verfügung vorliegt (Palandt/Weidlich, § 2299 Rn. 1). Für die Praxis empfiehlt es sich daher, in der notariellen Urkunde ausdrücklich zwischen vertragsmäßigen und einseitigen Verfügungen zu unterscheiden.

Nach § 2290 BGB kann der Erbvertrag - wie jeder Vertrag - von den Parteien durch Vertrag ganz oder teilweise aufgehoben werden (Palandt/Weidlich, § 2290 Rn. 1; MüKo BGB/Musielak, § 2290 Rn. 2). Der Aufhebungsvertrag bedarf der für den Erbvertrag vorgeschriebenen Form (§§ 2290 Abs. 4 iVm. 2276 BGB). Durch den Aufhebungsvertrag können sowohl vertragsmäßige als auch einseitige Verfügungen aufgehoben werden (Staudinger/Kanzleiter, § 2290 Rn. 5).

Soll eine vertragsmäßige Verfügung durch Testament aufgehoben werden, ist die notariell beurkundete Zustimmungserklärung der anderen Partei erforderlich (§ 2291 BGB). Für Ehegatten oder Lebenspartner i.S. des Lebenspartnerschaftsgesetzes gewährt § 2292 BGB die Kosten sparende Möglichkeit, einen zwischen ihnen geschlossenen Erbvertrag durch ein gemeinschaftliches Testament aufzuheben (Palandt/Weidlich, § 2292 Rn. 1 f.).

Einseitige Verfügungen können auch einseitig durch Testament aufgehoben werden (Palandt/Weidlich, § 2299 Rn. 2). Auch aus diesem Grund ist die Unterscheidung wesentlich. Neben der Aufhebung sehen §§ 2293 bis 2297 BGB die Möglichkeit des Rücktritts vor. Bei der Gestaltung des Erbvertrags ist daran zu denken, dass der Rücktritt nach § 2293 BGB vorbehalten werden kann. Zu beachten ist dabei, dass ein Rücktritt vom Erbvertrag nach § 2293 BGB - im Unterschied zum Widerruf beim gemeinschaftlichen Testament - nur möglich ist, wenn im Erbvertrag ein Rücktrittsrecht vorbehalten wurde.

Sonstige Hinweise

Für die Beurkundung von gemeinschaftlichen Testamenten und Erbverträgen wird nach Nr. 21100 eine 2,0-Gebühr erhoben. Für Entwurf und Beurkundung des Aufhebungsvertrags zu einem Erbvertrag erhält der Notar eine Gebühr nach Nr. 21102. Für einen Rücktritt von einem Erbvertrag ist nach Nr. 21201 eine 0,5-Gebühr zu entrichten.

Bei Verfügungen von Todes wegen und Eheverträgen ergibt sich der Geschäftswert grundsätzlich aus dem modifizierten Reinvermögen (§ 102 Abs 1 Satz 2 GNotKG). Weil die Aufhebung selbst eine Verfügung von Todes wegen ist, bestimmt sich der Geschäftswert ebenfalls nach § 102 Abs. 1 bis 3 GNotKG (Bormann, ZEV 2013, 425, 426).

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