Die sofortige Übertragung des Betriebs an die Kinder gegen die Bestellung eines Nießbrauchs am Unternehmen zu eigenen Gunsten (sog. Vorbehaltsnießbrauch) und später (oder gleichzeitig) zugunsten des Ehepatrners (sog. Zuwendungsnießbrauch) erweist sich in mehrfacher Hinsicht als die Ideallösung, da und wenn der Unternehmer (Senior) nicht den Weg der vorweggenommenen Erbfolge einschlagen will. Dabei kann in den ersten Jahren der eigentliche (echte) Unternehmensnießbrauch vereinbart werden, bei dem der Übergeber das Unternehmen noch weiter führt; später (spätestens mit dessen Tod) ist an einen (Übergang zum) Ertragsnießbrauch zu denken, mit dem die Nießbraucherin (die Witwe des Unternehmers) nur noch die Nutzungen – ggf. mit gewissen Kontrollrechten – erhält. Mit der Bestellung des Nießbrauchs am Unternehmen nach § 1085 BGB an den einzelnen WG erfolgt eine dingliche Absicherung des Nießbrauchers, die gegenüber jedermann (also auch gegenüber einem potenziellen Unternehmenskäufer) wirkt. Mit dieser Lösung scheinen die Interessen der Beteiligten idealtypisch berücksichtigt zu sein, wenn nicht das ErbStG – zumindest in der Vergangenheit fiskalische Hemmnisse aufgebaut hätte.

5.4.1 Historische Behandlung

§ 25 ErbStG a. F. befasste sich mit dem gesetzlichen Ausnahmefall, aber praktischem Regelfall, dass das Nutzungsrecht dem Übergeber oder dessen Ehefrau eingeräumt wird. Aufgrund der vorweg gebotenen Differenzierung in Leistungs- und Nutzungsauflagen sind Letztere (Nutzungs- und Duldungsauflage) zunächst und vorbehaltlich § 25 ErbStG voll abzugsfähig (§ 10 ErbStG), während Leistungsauflagen – auf der Ebene von § 7 ErbStG – zu einer Aufsplittung des Zuwendungsgegenstands in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen steuerbaren Zuwendungsgegenstand führen.

Seit 1974 ist gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG die Abzugsmöglichkeit jedoch dann ausgeschlossen, wenn – wie hier – der Nießbrauch zugunsten des Übergebers bzw. seines Ehepartners eingeräumt wird. Gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG wurde daher der Erwerb von Vermögen, dessen Nutzungen dem Schenker (Ehegatten) zustehen, ohne Berücksichtigung dieser Belastung besteuert. Diese systemwidrige Ausnahme zu § 10 ErbStG ist etwas durch § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG abgemildert worden: Die Steuer, die auf den Kapitalwert der Nutzung entfiel, konnte zinslos gestundet werden. Die Stundung bezog sich betragsmäßig auf die Steuer, so wie sie durch das Abzugsverbot entstanden war. Die verbleibende sofort zu zahlende Steuer war diejenige, die ohne das Abzugsverbot von § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG entstanden wäre.

Handelte es sich – wie hier beim Unternehmensnießbrauch – bei dem mit einer Nutzungslast versehenen Zuwendungsgegenstand um sog. privilegiertes Vermögen i. S. d. § 13a ErbStG a. F., so stellte sich die Frage, wie der Stundungsbetrag zu berechnen war. Der BFH hat am 6.7.2005 (BFH/NV 2005, 2124) entschieden, dass bei der Berechnung der hypothetischen Steuer nach § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG das Abzugsverbot des § 10 ErbStG und damit auch § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG zu berücksichtigen sind.

5.4.2 Aktuelles Recht

Mit dem Ansatz des gemeinen Werts für alle Vermögensgegenstände ist einer der Gründe für das Abzugsverbot entfallen: Die niedrigeren Wertansätze für die meisten Vermögen(sgegenstände), die mit einem Nießbrauch belastet sind (Unternehmen, Grundstücke), sind mit dem ErbStG (2008) entfallen. Damit – so die amtliche Begründung – ist auch die Notwendigkeit für das Abzugsverbot hinfällig geworden.

Es bedarf keiner großen prophetischen Gabe, um allein aus diesem Grund eine starke Renaissance des Unternehmensnießbrauchs vorherzusagen.

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