Die stille Gesellschaft gem. §§ 230 ff. HGB erfreut sich in der Praxis großer Beliebtheit, da man sich mit ihr an einem Handelsgewerbe beteiligen kann, ohne im Register eingetragen zu sein, m. a. W. ohne Publizitätsakt. Dies ist für bestimmte Berufsträger deshalb von Bedeutung, wenn und weil ihr jeweiliges Berufsrecht (z. B. bei Beamten und weitgehend auch bei Freiberuflern) ein gewerbliches Engagement verbietet. Ein anderer Grund liegt häufig im Gebot der kaufmännischen Verschwiegenheit, das etwa aus Gründen eines Wettbewerbsverbots ein finanzielles Engagement als tätiger Teilhaber verhindert.

Bei der stillen Gesellschaft wird die Einlage des stillen Gesellschafters (im Folgenden: der Stille) in das BV des Inhabers des Handelsgeschäfts (§ 230 Abs. 1 HGB) geleistet. Dies bedeutet zunächst, dass der Stille und der tätige Teilhaber kein gemeinsames Gesamthandsvermögen bilden (Kennzeichen der Innengesellschaft). Andererseits ist die Einlage des Stillen grundsätzlich als Fremdkapital im Unternehmen auszuweisen, da sie dessen Rückzahlungsanspruch darstellt (§ 235 HGB). Dieser kann in der Insolvenz des Unternehmens als reguläre Forderung geltend gemacht werden (§ 236 HGB).

Die Beteiligung eines Stillen kann veräußert oder auch verschenkt (oder vererbt) werden, womit der Boden des ErbStG betreten wird.

 
Praxis-Beispiel

A ist mit 20 Prozent als Stiller an der GmbH seiner Ehefrau E beteiligt. Für den Fall der Kündigung der Beteiligung ist vereinbart, dass sein Rückzahlungsanspruch auch die auf ihn entfallende zwischenzeitliche Wertsteigerung des GmbH-Vermögens umfassen soll.

Was muss beachtet werden, wenn A die Beteiligung seiner Tochter T schenkt?

Exkurs: Die stille Beteiligung im Ertragsteuerrecht

Anders als das Zivilrecht wird die stille Gesellschaft im Steuerrecht in typisch bzw. atypisch differenziert.

Eine (typisch) stille Gesellschaft wird zu einer atypisch stillen Gesellschaft, wenn die zwischen dem Stillen und dem Inhaber des Handelsgeschäfts (also auch an einer GmbH) im Gesellschaftsvertrag getroffene Vereinbarungen derartig von §§ 230 ff. HGB abweichen, dass nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten der stille Gesellschafter als Mitunternehmer i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusehen ist. Mitunternehmer ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur, wer Mitunternehmerinitiative entfaltet und Mitunternehmerrisiko trägt.[1]

Mitunternehmerinitiative liegt insbesondere bei Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen zumindest in dem Umfang der Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte eines Kommanditisten nach den Regelungen des HGB (§§ 164, 166 HGB) vor (s. Urteil des BFH v. 22.8.2002, BFH/NV 2003, 36). Mitunternehmerrisiko bedeutet gesellschaftsrechtliche Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens. Dieses Risiko wird regelmäßig durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Gesellschaftsvermögens einschließlich des Geschäftswerts vermittelt.[2]

Beide Hauptmerkmale der Mitunternehmerstellung (Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko) müssen vorliegen, können aber im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein. Ein schwach ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko ist für die Annahme einer Mitunternehmerschaft ausreichend, wenn die Mitunternehmerinitiative besonders stark ausgeprägt ist oder umgekehrt.

Die Mitunternehmerinitiative entfaltet der stille Gesellschafter durch eine Beteiligung an der Geschäftsführung des Handelsgewerbes. Dies kann beispielsweise durch Gewährung von über § 233 HGB hinausgehenden Informations- und Kontrollrechten an den stillen Gesellschafter geschehen. Die Informations- und Kontrollrechte des typisch stillen Gesellschafters nach § 233 HGB reichen für eine Mitunternehmerinitiative im Regelfall nicht. Die Entfaltung von Mitunternehmerinitiative bedeutet, dass der atypisch stille Gesellschafter unternehmerisch tätig ist. Die fehlende Außenwirkung seiner unternehmerischen Tätigkeit, ist für die Annahme einer Mitunternehmerschaft nach ständiger Rechtsprechung des BFH bei Anwendung des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG irrelevant.

Wird der stille Gesellschafter nicht nur am laufenden Gewinn und Verlust des vom tätigen Teilhaber betriebenen Unternehmens, sondern auch an den stillen Reserven und an einem Geschäftswert beteiligt – beispielsweise dadurch, dass er bei einer Auseinandersetzung nach Maßgabe der Auseinandersetzungsbilanz und seiner prozentualen Gewinnbeteiligung auch einen Anteil an den Wertsteigerungen des Betriebsvermögens erhält – trägt er hierdurch ein Mitunternehmerrisiko.[3] Der Geschäftswert ist nach den verkehrsüblichen Methoden zu berechnen.

Die Mitunternehmerschaft und somit das Vorliegen einer atypisch stillen Gesellschaft ist in folgenden Fällen zu bejahen:

  • Der stille Gesellschafter ist am laufenden Gewinn und Verlust beteiligt. Darüber hinaus soll er bei Auflösung der Gesellschaft neben seiner Einlage auch einen Anteil an den Wertseigerungen des Betriebsvermögens einschließlich des Geschäftswerts erhalten.[4] Das Mitunternehmerrisiko ist besonders s...

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