Beispiel 1

Kann für die schenkungsweise Übertragung einer Beteiligung an einer Bruchteilsgemeinschaft (A und B sind Miteigentümer zu je 1/2 eines Hotelgebäudes) ein Abschlag von 85 Prozent vorgenommen werden?

In § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind ausdrücklich nur die Personenhandelsgesellschaften (OHG/KG) als Träger der gemeinschaftlichen unternehmerischen Betätigung genannt. Darüber hinaus lässt der Wortlaut die Einbeziehung anderer Gesellschaften zu, wenn diese Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind. Unter dieser Voraussetzung (mitunternehmerische Qualifikation der Gesellschafter) erfolgt eine steuerliche "Erhöhung" der PersG zur steuerlichen Mitunternehmerschaft.

Auf diese Weise sind folgende Gesellschaften (und ihre Gesellschafter) in den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG einbezogen:

  1. andere PersG wie die GbR (BGB-Gesellschaft), Partenreederei, die sog. fehlerhafte (oder faktische) PersG und atypische Innengesellschaften sowie
  2. andere vergleichbare Gemeinschaftsverhältnisse wie die Erbengemeinschaft und die Gütergemeinschaften, ja sogar Bruchteilsgemeinschaften und bestimmte Nießbrauchskonstellationen.

Spätestens mit der Einbeziehung der zweiten Gruppe in den einheitlich auszulegenden Begriff der Mitunternehmerschaft wird deutlich, dass es sich dabei um eine steuerliche Qualifikationsvoraussetzung handelt, die bei allen hierunter fallenden Rechtsgebilden (auch bei OHG/KG) gegeben sein muss.

Die PersG (und die Beteiligung daran) mutiert zur steuerlichen Mitunternehmerschaft bei Vorliegen der Zusatzvoraussetzungen aus dem EStG: Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko der Gesellschafter.

Zusätzlich nimmt der Steuerterminus weitere Rechtsgebilde auf, auf die der Transparenzgedanke (Gesellschafter als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft) anzuwenden ist.

Lösung:

Unter vier Voraussetzungen partizipiert der Beschenkte der Hotelbeteiligung grundsätzlich am Verschonungsabschlag der §§ 13a, 13b ErbStG:

(1) Es muss sich um eine BGB-Gesellschaft i. S. d. §§ 705 BGB handeln. Dies ist immer dann der Fall, wenn sich der hälftige Hotelanteil nicht im bloßen Halten der Beteiligung erschöpft, sondern darüber hinaus ein gemeinsamer Zweck (z. B. der gemeinsame Hotelbetrieb) verfolgt wird.

(2) Der gemeinsame Zweck muss darüber hinaus ein gewerblicher Zweck sein (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Nr. 1 EStG). Bei der Vermietung ist dies – wie hier – dann der Fall, wenn es sich um eine kurzfristige Nutzungsüberlassung mit zusätzlichen Serviceleistungen handelt.

(3) Die Gesellschafter der BGB-Gesellschaft "gemeinsamer Hotelbetrieb" (A und B) müssen Mitunternehmerinitiative und -risiko entwickeln.

(4) Der Hotelbetrieb muss schließlich den 50-Prozent-Test und die anderen Voraussetzungen der §§ 13a, 13b ErbStG bestehen.

 
Hinweis

Um die zusätzliche Abgrenzungsfrage "verschontes Elementarvermögen vs. Verwaltungsvermögen" an dieser Stelle zu vermeiden, spricht sich die Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 16/7918 zu Nr. 2 = § 13b Abs. 2 Nr. 1 ErbStG) bei Hotelbetrieben pauschal für Produktivvermögen aus: Die Hotelübernachtung stelle ein einheitliches Bündel von Dienstleistungen dar, die nur gemeinsam angeboten und abgenommen werden können. Abgesehen davon, dass es sich hier um eine umsatzsteuerliche Begründung (§ 4 Nr. 12 UStG) handelt, wird man sich die Begründung (einheitliches Serviceangebot) auch bei anderen vertraglichen Misch- oder Mehrfachdienstleistungen zu eigen machen können.

 
Praxis-Tipp

Praxistipp

Werden die o. g. vier Tatbestandsvoraussetzungen eingehalten, können Beteiligte einer (zunächst) bloßen Miteigentümergemeinschaft ihren Anteil mit den Privilegien der §§ 13a f. ErbStG verschenken (vererben). Dies gilt auch für die Übertragung von einschlägigen Ehegattenbeteiligungen auf Kinder. Für gemeinsame Aktivitäten als betriebliche Wohnungsunternehmen – und die anschließende Übertragung auf Angehörige – gilt ohnehin die "Produktiv-Vermutung" des § 13b Abs. 2 Nr. 1d ErbStG.

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