Das vereinfachte Ertragswertverfahren gem. § 199 BewG kommt nur zur Anwendung, wenn der gemeine Wert des übertragenen Unternehmens anhand des Ertragswertverfahrens zu ermitteln ist. Ist eine andere Ermittlungsmethode anzuwenden, da beispielsweise branchenüblich, so scheidet das vereinfachte Ertragswertverfahren zur Ermittlung des gemeinen Werts des Unternehmens aus.

Weiterhin ist das vereinfachte Ertragswertverfahren nicht anzuwenden, wenn dieses zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt (Escape-Klausel).[2] Ab welcher Abweichung ein Ergebnis offensichtlich unzutreffend ist, lässt das Gesetz offen. Insbesondere erfordert die getroffene Regelung, dass ein Vergleich mit einem "zutreffenden" Ergebnis erforderlich ist. Was das zutreffende Ergebnis jedoch ist, soll gerade durch die vorgenommene Methode ermittelt werden. Es liegt daher ein Widerspruch in sich vor.

Naheliegend ist, mittels einer anerkannten Ertragswertmethode das offensichtlich unzutreffende Ergebnis des vereinfachten Ertragswertverfahrens zu belegen. Im Unterschied zur ursprünglich vorgesehenen Regelung, die den Kapitalisierungszinssatz noch auf alle Ertragswertverfahren anwenden wollte[3], sieht § 203 Abs. 1 BewG die Anwendung des gesetzlich festgelegten Kapitalisierungszinssatzes nur auf das vereinfachte Ertragswertverfahren vor und ermöglicht dadurch, dass bei "echten" Ertragswertverfahren ein individuell ermittelter Kapitalisierungszinssatz angewendet werden kann. Damit besteht aber auch die Möglichkeit, einen "Gegenbeweis" erfolgreich führen zu können.

Seitens Vertretern der Finanzverwaltung[4] wird ein "offensichtlich unzutreffendes Ergebnis" wohl erst ab einer Abweichung von mehr als 50 Prozent angenommen. Aber auch insoweit lassen diese Stimmen offen, womit das Ergebnis des vereinfachten Ertragswertverfahrens zu vergleichen ist, um die 50-Prozent-Grenze zu ermitteln. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Finanzverwaltung hierzu im Einzelnen stellen wird. Allerdings ist bereits jetzt absehbar, dass die Frage eines "offensichtlich unzutreffenden Ergebnisses" einer gerichtlichen Konkretisierung bedarf. Bis dahin bleibt in der Praxis die Rechtsunsicherheit über die Escape-Klausel bestehen.

[1] Eisele, NWB aktuell v. 3.3.2008, 791 ff.
[2] § 199 Abs. 1 BewG.
[3] Vgl. § 5 Abs. 4 Diskussionsentwurf AntBVBewV.
[4] Mannek, DB 2008, 423, 428.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge