Der Erbprozess ist geprägt sowohl von materiell-rechtlichen als auch verfahrensrechtlichen Besonderheiten aus verschiedenen Bereichen der ZPO und des FamFG. Die prozessualen Instrumentarien sind vielfältig. So können erbrechtliche Ansprüche des Alleinerben[1] in Form von Auskunfts- oder Herausgabeansprüchen Gegenstand einer prozessualen Auseinandersetzung sein. Es können aber beispielsweise auch Miterben Erbteilungsklage erheben. Für den Rechtsgestalter wie auch den Prozessanwalt wiederum gilt es zu beachten, inwieweit bereits gewährte lebzeitige Zuwendungen in der Erbteilung und bei der Pflichtteilsberechnung berücksichtigt werden müssen. Ohnehin drohen für den Prozessanwalt etliche Haftungsfallen wegen Unterlassens der Erhebung notwendiger Einreden oder auch wegen Verjährungseintritt.

Wenngleich nicht jeder Mensch zwingend in seinem Leben mit dem Erbprozessrecht in Berührung kommt, so wird ein jeder früher oder später im Leben mit dem Tod und der Problematik des Erbens oder Vererbens im Allgemeinen und deswegen – nicht nur im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens – auch mit dem sachlich zuständigen Nachlassgericht konfrontiert werden. Beispielsweise ist es Aufgabe des Nachlassgerichts, gesetzlichen Erben mitzuteilen, dass es bislang unbekannte weitere Abkömmlinge des Erblassers gibt oder man durch letztwillige Verfügung vom Nachlass ausgeschlossen wurde. Gerade die Zunahme an sogenannten familiären "Patchwork"-Konstellationen trägt auf der einen Seite massiv zur Verkomplizierung der erbrechtlichen Wirkungen und auf der anderen Seite zu einer Zunahme der Erbscheinsverfahren bei.

Das nachlassgerichtliche Verfahren (amtliche Verwahrung von Testamenten, Testamentseröffnung, Erbenermittlung, Ausschlagung der Erbschaft, Erbscheinsverfahren, Testamentsvollstreckung sowie Nachlassverwaltung bzw. Nachlasssachen) ist geregelt in Buch 4, 1. und 2. Abschnitt – §§ 342 bis 362 FamFG. Die Rechtsmittel der fristgebundenen Beschwerde zum Oberlandesgericht und der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof sind in §§ 58 ff. bzw. 70 ff. FamFG geregelt.

Daneben gelten für die zivilprozessualen Auseinandersetzungen die Vorschriften der ZPO.

[1] Allein aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird im Text ausnahmslos die männliche Form verwendet. Selbstverständlich sollen sich Personen aller Geschlechter sowie diverse Personen angesprochen fühlen.

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