Leitsatz

Entlastung (Beirat und Verwaltung) im Unterschied zur Genehmigung der Jahresabrechnung

 

Normenkette

§§ 23 Abs. 4, 28 Abs. 1 und 5, 29 Abs. 3 WEG

 

Kommentar

  1. Beschließt die Eigentümerversammlung unter dem gleichen Tagesordnungspunkt die Entlastung des Verwaltungsbeirats, lehnt jedoch zugleich die Entlastung des Verwalters ab, lässt sich daraus i. d. R. nicht auf die gleichzeitige Genehmigung der Jahresabrechnung schließen.

    Ein Beschluss über die Entlastung des Verwalters kann zugleich die stillschweigende Billigung der (in diesem Zusammenhang vorgelegten und erörterten) Jahresgesamtabrechnung wie der zugehörigen Einzelabrechnungen enthalten (h. M.). Dies rechtfertigt sich aus dem inneren Zusammenhang der Entlastung des Verwalters und der Genehmigung der Jahresabrechnung. Aus einer derartigen Billigung lässt sich im Allgemeinen der Schluss folgern, dass ein Entlastungsbeschluss zugleich die Genehmigung der Jahresabrechnung enthält. Das muss aber nicht so sein, da es sich bei der Abrechnungsgenehmigung und der Entlastung eines Verwalters um zwei verschiedene Fragen handelt. Über diese kann deshalb – was sich auch aus Gründen der Transparenz empfiehlt – in getrennten Beschlüssen entschieden werden. Die Genehmigung einer Abrechnung bedeutet also nicht notwendig die Billigung der bekannten bzw. erkennbaren Tätigkeit des Verwalters. Trotz rechnerisch richtiger Darstellung einer Abrechnung kann es nämlich Gründe für die Missbilligung der Verwaltertätigkeit geben (BayObLG, BayObLGZ 1983, 314, 319; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 4. Aufl., Rn. 1063).

  2. Auch aus einer alleinigen Entlastung des Beirats lassen sich jedenfalls bei gleichzeitiger Ablehnung der Verwalterentlastung keine ausreichenden Schlüsse auf eine zugleich erfolgte Genehmigung der Jahresabrechnung einschließlich aller Einzelabrechnungen ziehen. Ein Beirat besitzt nur ein Abrechnungsprüfungsrecht gem. § 29 Abs. 3 WEG hinsichtlich der rechnerischen Schlüssigkeit einer Abrechnung bei mindestens gebotener stichprobenhaften Prüfung der sachlichen Richtigkeit, die nur durch Prüfung der Belege erfolgen kann (OLG Düsseldorf, NZM 1998, 36, 38; Drasdo, NZM 1998, 15, 16). Entlastung des Beirats ist mit der eines Verwalters im Zusammenhang mit der Jahresabrechnung nicht vollständig identisch. So kann einem meist aus Laien bestehenden Beirat oftmals kein Vorwurf hinsichtlich einer dennoch fehlerhaft erstellten Jahresabrechnung gemacht werden, dem primär verantwortlichen Verwalter jedoch bei solchen Fehlern Entlastung verweigert werden. Zudem kann die Beiratsprüfung Fehler offen legen, was die Entlastung der prüfenden Beiräte rechtfertigt, hingegen die des Verwalters nicht. Jedenfalls kann aus einer Beiratsentlastung allein bei gleichzeitig verweigerter Entlastung des Verwalters in einem Beschlussvorgang aus objektiver Sicht kein hinreichend sicherer Schluss auf Genehmigung der Abrechnung gezogen werden.
Anmerkung

Wie auch in ETW stets vorgetragen und empfohlen, sollte über Entlastungen (der Verwaltung und auch des Beirats) und Jahresabrechnungsgenehmigung stets mittels gesonderter Tagesordnungspunkte auch gesonderter Beschluss gefasst werden. Es handelt sich hier um verschiedene Entscheidungsvorgänge, d. h. zum einen Anspruchsverzichte (auf weitere Arbeitsaktivitäten und auch etwaige Schadensersatzforderungen nach aktuellem Kenntnisstand bzw. erkennbaren Tatumständen) gegen einen Verwalter bzw. Beirat im positiven Beschlussgenehmigungsfall und zum anderen um die Genehmigung rechnerisch richtiger Abrechnungswerke. Eine Entlastung geht im Regelfall auch über die reine Abrechnungsarbeit eines Verwalters hinaus und soll das gesamte Verwalterhandeln im abgelaufenen Geschäftsjahr als korrekt erfüllt sanktionieren. Hat z. B. ein Verwalter zu Unrecht Ausgaben zulasten einer Gemeinschaft getätigt, ist seine zur Genehmigung vorgelegte Abrechnung allein dann rechnerisch richtig, wenn auch diese Ausgaben dokumentiert und abgerechnet werden. Demgegenüber ist dann in einem solchen Fall bis zur Korrektur der Zahlungsvorgänge die Entlastung des Verwalters abzulehnen. Ein positiver Entlastungsbeschluss würde in einem solchen Fall Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen und wäre erfolgreich anfechtbar, um Eigentümern Korrekturmöglichkeiten und weitere Tätigkeitsansprüche gegen den betreffenden Verwalter vorzubehalten. Bei der Beiratsentlastung geht es i. d. R. um die Bestätigung der ordnungsgemäßen Prüfung der vom Verwalter erarbeiteten Abrechnungsunterlagen.

Ohne entsprechend bei einer einheitlichen Beschlussfassung beide Gegenstände (Entlastung/Abrechnungsgenehmigung) abzugrenzen, erscheint mir i. Ü. die bisher weit gehend vertretene Auffassung äußerst rechtsbedenklich, in Auslegung solcher Anträge und Beschlüsse in einer Entlastung zugleich eine Abrechnungsgenehmigung sehen zu wollen und umgekehrt erst recht in einer Abrechnungsgenehmigung auch die Entlastung des Verwalters. Dass hier oftmals Fragen der Beschlussgültigkeit unterschiedlich zu behandeln...

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