Rz. 212

Werden die oben angeführten Regeln für Ausschüttungen nicht beachtet und demzufolge zu hohe bzw. überhaupt Dividenden ausgeschüttet, so liegt eine rechtswidrige Gewinnausschüttung vor. Aus dem Schutzzweck der Kapitalerhaltungsregeln für die Gläubiger folgern die englischen Gerichte, dass es sich hier nicht um dispositives Recht handelt,[35] d.h., eine rechtswidrige Dividendenausschüttung ist nicht durch einen Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung heilbar.

 

Rz. 213

Das Gesetz greift für die Rückabwicklung einer rechtswidrigen Gewinnausschüttung auf die althergebrachten Regeln des Fallrechts zurück. Die kodifizierte Regelung in Sec. 847 Abs. 1 und 2 CA 2006 enthält einen Rückgewähranspruch der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter, der allerdings nur dann Erfolg hat, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Dividendenempfänger/Anteilseigner positive Kenntnis von den nicht erfüllten Voraussetzungen der Dividendenausschüttung und deren Nichtbeachtung hatte. Die Ausschüttung selbst wird als wirksam angesehen.

 

Rz. 214

Daneben verweist Sec. 847 Abs. 3 CA 2006 auf das Common Law, in dem bestimmt wird, dass neben dem gesetzlichen Regelungskonzept jeder andere Haftungsanspruch oder Rückgewähranspruch aus dem Fallrecht geltend gemacht werden kann. Dies bedeutet eine Verlagerung der Haftung auf die Geschäftsführer.[36] Eine Auszahlung von Dividenden ohne Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen ist ein Handeln ultra vires, für das der Geschäftsführer selbst dann haftet, wenn die Gesellschafterversammlung ihn durch Gesellschafterbeschluss von der Haftung freistellt. Außenstehende Gesellschafter können dann den Haftungsanspruch im Namen der Gesellschaft einklagen.[37] Restitutionsansprüche gegen Dritte als Empfänger der Dividende (sog. constructive trustee) sind zusätzlich bei Kollusion mit den Geschäftsführern gegeben.

 

Rz. 215

Die Öffnungsklausel in Sec. 847 Abs. 3 CA 2006 gibt auch die Möglichkeit, die Prüfer in Anspruch zu nehmen, wenn der Jahresabschluss fehlerhaft und fahrlässig testiert war, auf dessen Basis die Dividende beschlossen wurde. Der Anspruch ist gerichtet auf die Höhe des Betrags, der nicht hätte ausgeschüttet werden dürfen.

[35] Precision Dippings Ltd. v. Precious Dippings Marketing Ltd (1986), Ch., p. 447 ff.
[36] Flitcroft’s Case (1882), 21 ChD, p. 519.
[37] Precision Dippings-case, Rn 50; Re Halt Garage (1982), 3 All ER, p. 1016 ff.

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