Leitsatz

Zentrales Problem dieser Entscheidung des OLG Karlsruhe war die Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines Elternteils und die hierbei zugrunde zu legenden Kriterien.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten um Elternunterhalt für die Zeit ab Mai 2007. Der Beklagte war der Sohn der im Jahre 1935 geborenen Frau P. Er war ihr einziges Kind. Frau P. stand seit 2002 unter Betreuung und war dauerhaft in einer Pflegeeinrichtung untergebracht.

Die von Frau P. bezogene Altersrente und die Leistungen der Pflegeversicherung deckten die Kosten der Heimunterbringung nicht. Seit April 2003 kam die Klägerin für die Kosten der Heimunterbringung auf, soweit diese nicht gedeckt waren.

Mit Rechtswahrungsanzeige vom 15.4.2003 wurde der Beklagte hiervon unterrichtet und zur Auskunftserteilung über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse aufgefordert.

Dieser und einer weiteren Aufforderung zur Auskunftserteilung kam er nicht nach. Die Klägerin hat sodann im August 2009 Stufenklage erhoben.

Der Beklagte beantragte Abweisung der Auskunftsklage und ließ sich dahingehend ein, es bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis. Ein etwaiger Unterhaltsanspruch sei im Übrigen verwirkt. Zumindest die ab Klageeinreichung angelaufenen Unterhaltsrückstände, die länger als ein Jahr zurücklägen, seien verwirkt. Im Übrigen habe seine Mutter ihre Unterhaltsbedürftigkeit durch jahrelangen Alkoholabusus selbst verursacht. Ferner seien die geltend gemachten Kosten zu hoch, seine Mutter könne auch kostengünstiger untergebracht werden.

Nach Bezifferung des Anspruchs der Klägerin hat das AG der Klage mit Urteil vom 23.3.2010 in vollem Umfang stattgegeben.

Hiergegen wandte sich der Beklagte mit der Berufung und verfolgte mit seinem Rechtsmittel seinen erstinstanzlichen Antrag auf Klageabweisung weiter.

Das Rechtsmittel erwies sich überwiegend unbegründet.

 

Entscheidung

Für den Unterhaltszeitraum bis einschließlich Mai 2010 sei die Berufung in vollem Umfang unbegründet, ab Juni 2010 schulde der Beklagte nur noch monatlichen Unterhalt I.H.v. 155,00 EUR gemäß §§ 1601 ff. BGB, 94 SGB XII.

Unstreitig sei die Mutter des Beklagten in dem streitgegenständlichen Unterhaltszeitraum nicht mehr in der Lage gewesen, sich alleine zu versorgen. Die Heimunterbringung sei notwendig gewesen. Entgegen der Auffassung des Beklagten könne auch bei der Festsetzung des Bedarfs nicht von den niedrigsten Kosten für ein Pflegeheim ausgegangen werden. Der Bedarf richte sich nach den Kosten, die bei einer Unterbringung in einem wohnortnahen, kostengünstigen Heim entständen.

Was als angemessener Unterhalt im Sinne des Gesetzes gelte, knüpfe weder an die Lebensstellung des Kindes noch an eheliche oder familiäre Lebensverhältnisse an. Maßstab sei allein die Lebensstellung des bedürftigen Elternteils, diese präge den Bedarf. Er leite sich nicht von derjenigen des Unterhaltspflichtigen ab, sondern sei eigenständig und beurteile sich in erster Linie nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des betreffenden Elternteils.

Nachteilige Veränderungen der Einkommensverhältnisse, wie sie in der Regel mit dem Eintritt in den Ruhestand verbunden seien, hätten deshalb auch eine Änderung der Lebensstellung zur Folge.

Entständen für pflegebedürftige Eltern ungedeckte Heim- und/oder Pflegekosten, stelle sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Eltern ein kostengünstiges Heim beziehen müssten oder ein weniger kostengünstiges Altersheim auswählen dürften. Auch hierfür komme es wiederum auf die Lebensstellung der Eltern an bzw. auf ihre wirtschaftlichen Verhältnisse vor dem Eintritt der Pflegebedürftigkeit.

Hätten Eltern in guten wirtschaftlichen Verhältnissen gelebt und zu früherer Zeit ihre Kinder an diesem Lebensstandard partizipieren lassen und könnten sie gleichwohl die Kosten eines gehobeneren Heimes nicht selbst vollständig aufbringen, seien die Kinder verpflichtet, hierauf einen angemessenen, auch höheren Beitrag zu leisten. Die Interessen der Kinder müssten bei der Heimauswahl nicht berücksichtigt werden. Wie den Kindern ausreichende Spielräume hinsichtlich der Ausbildung und beruflichen Orientierung zustehen müssten, stehe auch den Eltern ein Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Art ihrer Versorgung im Alter zu. Das billigste Alten- und Pflegeheim müsse deshalb nicht gewählt werden. Der Sozialhilfeträger habe in diesem Zusammenhang zwar zu prüfen, ob die Heimunterbringung bezahlbar sei. Das Risiko der nicht gedeckten Kosten liege aber bei ihm und nicht den unterhaltspflichtigen Kindern, die nur im Rahmen des angemessenen Unterhaltsbedarfs herangezogen werden könnten (OLG Schleswig NJW-RR 2004, 866; OLG Brandenburg, B. v. 9.12.2008 - 9 UF 116/08, - juris).

Selbst wenn die Kosten für ein unterdurchschnittliches Pflegeheim für die Bemessung des Bedarfs angesetzt würden, bleibe ein Bedarf der Mutter des Beklagten von 2.562,00 EUR bei Pflegestufe II und 3.079,00 EUR bei Pflegestufe III. Der zuletzt genannte Betrag liege über den derzeit für sie entstehenden Kosten für ihre Unterbringung.

Entgegen der Auffassu...

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