5.1 Der Auskunftsanspruch

Bezüglich der Aufforderung, Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen, stehen dem Sozialamt zwei unterschiedliche Auskunftsansprüche zur Verfügung. Unabhängig davon, welcher der zwei nachfolgend dargestellten Auskunftsansprüche gewählt wird, unterscheidet sich der Zeitraum, über den die Auskunft erteilt werden muss, danach, ob der zur Auskunft Verpflichtete nichtselbstständig oder selbstständig tätig ist.

Bei Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit erstreckt sich der Zeitraum grundsätzlich auf die letzten 12 Monate vor der Aufforderung zur Auskunftserteilung. Damit sind dann in der Regel alle Sonderzuwendungen, die der Beschäftigte über das Jahr verteilt erhält, erfasst. Auskunft ist zu erteilen über die monatlichen Bruttobezüge, Gratifikationen, Zusatzgehälter, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, sonstige geldwerte Leistungen des Arbeitgebers, Provisionen, Sachbezüge (insbesondere Firmenwagen), Fahrtkostenerstattung, etc.

Bei Selbstständigen ist die Auskunft grundsätzlich für die vergangenen 3 Geschäftsjahre (die regelmäßig mit den Kalenderjahren übereinstimmen) zu erteilen. Dabei geht die Rechtsprechung davon aus, dass es einem Selbstständigen möglich ist, innerhalb von 6 Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres die Gewinnermittlungsunterlagen fertigzustellen. Bei den Selbstständigen ist immer zu berücksichtigen, dass diese möglicherweise nicht nur Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit (Gewerbebetrieb, Freiberufler), sondern auch Einkünfte aus Kapitalvermögen (insbesondere GmbH-Gesellschafter und Aktionäre) erzielen.

Häufig werden auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Auch dann ist über einen Zeitraum der vergangenen 3 Kalenderjahre Auskunft zu erteilen. Hier bezieht sich die Auskunftsverpflichtung auf die Höhe der Mieteinnahmen inklusive Nebenkosten und auf die seitens des Eigentümers abzuführenden Betriebskosten sowie die Zins- und Tilgungsleistungen. Nicht von Relevanz sind bei vermieteten Immobilien die steuerlichen Abschreibungen, da nach Auffassung der Rechtsprechung diesen Abschreibungen kein echter Wertverlust gegenübersteht.

Bei Einkünften aus Kapitalvermögen (z. B. Zinsen) ist ebenfalls über einen Zeitraum von 3 Kalenderjahren Auskunft zu erteilen.

 
Wichtig

Der Auskunftsanspruch kann für Unterhaltsansprüche ab dem 1.1.2020 nach der gesetzlichen Neuregelung grds. nur geltend gemacht werden, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Jahreseinkommensgrenze von 100.000 EUR überschritten ist[1]

[1] Vgl. hierzu Ziffer 1.2.3.

5.1.1 Der zivilrechtliche Auskunftsanspruch

Nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII geht mit dem Unterhaltsanspruch auch der unterhaltsrechtliche Auskunftsanspruch über. Damit hat das Sozialamt zum einen den zivilrechtlichen Auskunftsanspruch gemäß § 1605 BGB. Dieser Anspruch richtet sich zwar erst einmal nur gegen das Kind selbst als Unterhaltsverpflichteten, sodass der Ehegatte des Kindes nicht zur Auskunftserteilung verpflichtet werden kann. Jedoch ist von der Rechtsprechung anerkannt, dass das Kind nicht nur über seine eigenen Einkünfte und Vermögenswerte Auskunft erteilen muss, sondern auch die Einkünfte und Vermögenswerte des Ehegatten mitteilen muss, weil auch diese für die Berechnung des Elternunterhaltes von Bedeutung sind. Der BGH[1] hat insoweit entschieden, dass aus der Verpflichtung der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft ihr wechselseitiger Anspruch folgt, sich über die für die Höhe des Familienunterhalts maßgeblichen finanziellen Verhältnisse zu informieren. Geschuldet sei die Erteilung von Auskunft in einer Weise, wie sie zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Die Vorlage von Belegen könne allerdings nicht verlangt werden.

 
Hinweis

Solange ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze von 100.000 EUR nicht feststeht, ist der Unterhaltsanspruch auf den Sozialhilfeträger nicht übergegangen. Ein Auskunftsanspruch nach § 1605 BGB setzt jedoch den zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch voraus. Nach der gesetzlichen Neuregelung ist daher vorgesehen, dass der nachfolgend geschilderte öffentlich-rechtliche Auskunftsanspruch nach § 117 SGB XII zwingend anzuwenden ist, sofern im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vorliegen.

5.1.2 Der öffentlich-rechtliche Auskunftsanspruch

Daneben steht dem Sozialamt noch ein öffentlich-rechtlicher Auskunftsanspruch aus § 117 SGB XII zur Verfügung. Dieser Auskunftsanspruch richtet sich – anders als der zivilrechtliche Auskunftsanspruch – unmittelbar gegen das Kind selbst sowie zusätzlich auch gegen den Ehegatten und wird im Wege des Verwaltungsaktes geltend gemacht. Die Unterscheidung dieser zwei Auskunftsansprüche ist deshalb von Bedeutung, weil Streitigkeiten hinsichtlich des zivilrechtlichen Auskunftsanspruchs vor dem Familiengericht und Streitigkeiten über den öffentlich-rechtlichen Auskunftsanspruch vor dem Verwaltungsgericht auszufechten sind.

5.1.3 Verteidigungsmöglichkeiten gegen das Auskunftsverlangen

Dem Auskunftsverlangen des Sozialamtes kann in aller Regel nicht viel entgegen gesetzt werden, wenn das Sozialamt hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreite...

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