Eine Verwirkung kann auch gegeben sein, wenn der unterhaltsberechtigte Elternteil in früheren Zeiten seine eigene Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind vernachlässigt hat. Ob dies im Sinne einer Verwirkung bejaht werden kann, richtet sich nach Gewicht und Dauer des Verstoßes. Gelegentliches Nichtzahlen des Kindesunterhaltes reicht für die Annahme einer Verwirkung nicht aus. Über die bloße Nichterfüllung der Unterhaltspflicht hinaus müssen ferner Umstände vorliegen, die dem pflichtwidrigen Verhalten ein besonderes Gewicht verleihen, z. B. dass das früher unterhaltsberechtigte Kind dadurch in ernsthafte Schwierigkeiten bei der Beschaffung seines Lebensbedarfs geraten ist.

Eine gröbliche Vernachlässigung der eigenen Unterhaltspflicht in diesem Sinne kann sich auch auf die Gewährung von Naturalunterhalt beziehen, da Eltern ihren Kindern entweder Bar- oder Naturalunterhalt (§ 1612 Abs. 2 BGB) schulden, zu welchem auch die Betreuung gehört (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Eine Vernachlässigung der Betreuung ist daher grundsätzlich geeignet, die Rechtswirkung des § 1611 Abs. 1 BGB auszulösen.[1] Danach kommt eine Verwirkung auch dann in Betracht, wenn eine Mutter die Aufgabe der Versorgung und Betreuung ihres Kindes in vollem Umfang etwa ihren Großeltern überlässt. Jedoch ist auch in einem solchen Fall erforderlich, dass eine darin etwa liegende Vernachlässigung der eigenen Unterhaltspflicht als gröblich anzusehen ist.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge