Leitsatz

Getrennt lebende Eltern stritten sich um die elterliche Sorge für das aus ihrer Ehe hervorgegangene Kind. Das OLG Saarbrücken hat sich in seiner Entscheidung mit der Notwendigkeit und dem Umfang der vom Gericht von Amts wegen durchzuführenden Ermittlungen auseinandergesetzt und sich dazu geäußert, welche Kriterien hierbei zu berücksichtigen sind und welche Maßnahmen von dem FamG zu treffen sind.

 

Sachverhalt

Getrennt lebende Eltern stritten um die elterliche Sorge für ihr gemeinsames Kind, das seit ihrer Trennung im Haushalt der Kindesmutter lebte und von ihr betreut wurde.

Das Scheidungsverfahren zwischen den Eltern war anhängig.

Mit Antrag vom 25.11.2009 beantragte die Kindesmutter die Übertragung der elterlichen Sorge für das betroffene Kind auf sich allein und begründete dies im Wesentlichen damit, dass dies dem Kindeswohl entspreche, weil die Tochter ihren Vater nicht sehen wolle. Dieser übe wegen der Trennung der Eltern psychischen Druck auf die Tochter aus mit der Folge, dass sich das Kind in psychologische Behandlung habe begeben müssen. Seit Abbruch des Kontakts zum Vater gehe es der Tochter besser, die psychologische Behandlung werde nicht mehr benötigt. Auch bei der Tochter während des ehelichen Zusammenlebens aufgetretene körperliche Beschwerden seien mit dem Auszug des Vaters schlagartig verschwunden.

Der Vater trat dem Antrag vollumfänglich entgegen und wies darauf hin, dass er mit dem Aufenthalt der Tochter in dem Haushalt der Mutter einverstanden sei, so dass es eine Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht bedürfe.

Er sei jederzeit zur Mitwirkung in das Kind betreffende Angelegenheiten bereit. Es sei die Kindesmutter, die jeglichen Kontakt des Kindes zu ihm ablehne.

Eine Stellungnahme des Jugendamtes wurde eingeholt.

Das AG hat im Termin am 11.1.2010 das betroffene Kind, die Kindeseltern und die Vertreterin des beteiligten Jugendamtes angehört und sodann dem Antrag der Kindesmutter auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge stattgegeben. Zur Begründung hat es angeführt, dass nach der mündlichen Verhandlung feststehe, dass die Eltern derart miteinander zerstritten seien, dass eine Konsens- und Kommunikationsfähigkeit als Basis für das Fortbestehen einer gemeinsam elterlichen Sorge nicht bestehe. Gespräche und Verständigungsmöglichkeiten über die Belange des Kindes seien derzeit nicht möglich.

Gegen diesen Beschluss wandte sich der Vater mit der Beschwerde, mit der er u.a. eine fehlerhafte und unzureichende Sachaufklärung und Verfahrensleitung durch das erstinstanzliche Gericht rügte.

Sein Rechtsmittel hatte - vorläufigen - Erfolg und führte zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FamG.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des OLG litt das Verfahren des FamG an wesentlichen Mängeln. Für eine Entscheidung des OLG wäre jedoch eine aufwendige Beweiserhebung notwendig, der Vater habe im Übrigen die Zurückweisung beantragt.

Maßstab der Entscheidung zur elterlichen Sorge nach § 1671 Abs. 1 BGB sei das Kindeswohl. Als gewichtige Gesichtspunkte hierfür gälten die Erziehungseignung der Eltern, Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität, ferner sei der Kindeswille zu beachten. Die einzelnen Kriterien ständen aber letztlich nicht wie Tatbestandsmerkmale kumulativ nebeneinander. Jedes von ihnen könne im Einzelfall mehr oder weniger bedeutsam für die Beurteilung sein, was dem Wohl des Kindes am besten entspreche (BGH, Beschl. v. 28.4.2010 - XII ZB 81/09, NSW BGB § 1671 (BGH-intern), m.w.N.; BGH, Beschl. v. 6.12.1989, IVb ZB 66/88, FamRZ 1990, 392, 393 m.w.N.).

In welchem Umfang vom FamG zur Beurteilung des Kindeswohls Tatsachen zu ermitteln seien, bestimme sich nach § 26 FamFG. Das Gericht habe danach von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen und die geeignet erscheinenden Beweise zu erheben, was auch für das vorliegende Antragsverfahren gelte. Dabei wirkten das Elternrecht sowie das staatliche Wächteramt auf das Verfahrensrecht und seine Handhabung in Sorgerechtsverfahren ein. Erforderlich sei eine alle Umstände des Einzelfalls abwägende Entscheidung. Das Verfahren müsse geeignet sein, eine möglichst zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu erlangen (BVerfG FamRZ 2009, 1897, m.w.N.). Der genaue Umfang der erforderlichen Ermittlungen richte sich nach den im konkreten Fall betroffenen Kindeswohlbelangen. Dazu gehörten bei der hier vorliegenden Problemstellung insbesondere die Bindungen des Kindes zu beiden Elternteilen und deren jeweilige Qualität.

Zur Berücksichtigung des Willens des Kindes und seiner Interessen sehe das Gesetz die Bestellung eines Verfahrensbeistandes in § 158 FamFG vor. Die Einrichtung der Verfahrensbeistandschaft sei Ausdruck der Subjektstellung des Kindes in seiner Individualität als Grundrechtsträger. Sie solle in Fällen eines Interessenkonflikts zwischen Kind und Eltern insbesondere die einseitige Vertretung der Interessen des ...

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