Nach den zu beachtenden Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des geringstmöglichen Eingriffs kommt häufig die Übertragung eines Teilbereiches der elterlichen Sorge in Betracht.

Streiten Parteien z. B. um den (künftigen) Lebensmittelpunkt des Kindes und ist im Übrigen das Verhältnis der Eltern zueinander nicht zerrüttet, so dass der Streit keine Gefährdung des Kindeswohls bewirkt, genügt es, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf eines der Elternteile zu übertragen.

Eine Übertragung von Teilbereichen der elterlichen Sorge wurde in folgenden Entscheidungen vorgenommen:

  • Art. 6 Abs. 2 GG erfordert die Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der Entscheidung über einen Antrag auf Übertragung der Alleinsorge. Die Gerichte haben sich deshalb mit Teilentscheidungen als milderes Mittel zu begnügen, wo immer dies dem Kindeswohl Genüge tut[1]
  • Zur Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts[2] und Rechtes zur Regelung der mit dem Schulbesuch[3] zusammenhängenden Fragen; zur Mitwirkungsberechtigung im schulischen Bereich[4]
  • Entzug von Teilen der elterlichen Sorge im Zusammenhang mit einer vor allem aus schulischer Überforderung resultierenden Kindeswohlgefährdung[5]
  • Insbesondere in einem EA-Verfahren ist wegen des Grundsatzes des geringst möglichen Eingriffs zunächst immer zu prüfen, ob es dem Wohle des Kindes am besten entspricht, nur einen Teil der eSo zu übertragen und den Rest beiden Eltern zu belassen – Aufenthaltsbestimmungsrecht[6]
  • Ist ein Wohnortwechsel der allein sorgeberechtigten Mutter eines Schulkindes ins Ausland nicht unwahrscheinlich, so ist es geboten, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auch im Wege einer Abänderung beiden Elternteilen gemeinsam zu übertragen[7]; das Aufenthaltsbestimmungsrecht kann auch insoweit eingeschränkt werden, als der betreffende Elternteil den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes nicht ohne Einverständnis des anderen Elternteils ins Ausland verlegen darf[8]
  • Verfolgt ein Elternteil mit der Auswanderungsabsicht den Zweck, den Kontakt zwischen dem Kind und dem umgangsberechtigten Elternteil zu vereiteln, steht die Bindungstoleranz des betreuenden Elternteils und damit seine Erziehungsfähigkeit infrage.[9]
  • Hat der Vater seine Einwilligung zum gewöhnlichen Aufenthalt der Kinder bei der Mutter ausdrücklich erklärt, so besteht über den Aufenthalt der Kinder keine tatsächliche oder rechtliche Unklarheit. Eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter kommt dann nicht in Betracht[10]
  • Können sich die Eltern nach anfänglicher Übereinstimmung über den Aufenthalt des Kindes nicht mehr darüber verständigen, bei welchem Elternteil das Kind leben soll, besteht ein Regelungsbedürfnis für die einstweilige Anordnung zur vorläufigen Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes[11]
  • Das OLG Saarbrücken übertrug das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ein in einem Heim lebendes Kind vorläufig auf die Mutter, weil sie eher als der Vater Gewähr dafür biete, dass die Rückführung aus dem Kinderheim in den Haushalt eines Elternteils behutsam erfolgt.[12]

Zum Umzug im Inland und ins Ausland gilt:

  • Wenn ein Elternteil mit den gemeinsamen Kindern umzieht und damit für den anderen Elternteil Einschränkungen des Umgangs verbunden sind, so ist dies nach einem Beschluss des OLG Nürnberg[13] hinzunehmen, wenn beachtenswerte, im vorliegenden Fall berufliche Gründe für den Umzug sprechen.
  • Dem OLG Frankfurt/M.[14] lag ein Fall vor, in dem nach der Scheidung zunächst die Eltern gemeinsam für ihr Kind sorgeberechtigt waren. Das Kind lebte bei der Mutter, der Kindesvater übte sein Umgangsrecht aus. Als die Mutter beabsichtigte, in ein weit entferntes Bundesland umzuziehen, um dort eine ihrer bisherigen Beschäftigung ähnelnde Arbeit aufzunehmen, ordnete das Familiengericht bei widerstreitenden Sorgerechtsanträgen ein Gutachten an und untersagte durch einstweilige Anordnung den Wegzug bis zur endgültigen Entscheidung. Auf die Beschwerde der Mutter hin änderte das OLG den erstinstanzlichen Beschluss und übertrug der Mutter im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind, sodass sie, ohne das Ergebnis des Gutachtens abwarten zu müssen, mit dem Kind den Wohnort wechseln konnte.
  • Im Falle des Umzugs ins Ausland übertrug das KG[15] das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Mutter, die mit dem Kind zu ihrem jetzigen Ehemann nach Südfrankreich ziehen wollte.
  • In einem anderen, dem KG[16] vorliegenden Fall wollte die Mutter, die das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht inne hatte, mit den Kindern nach Peking übersiedeln, um dort eine Tätigkeit als Auslandskorrespondentin aufzunehmen. Nach dem Beschluss des KG war die elterliche Sorge auf den Vater zu übertragen. Wenn auch einem getrennt lebenden Elternteil im Grundsatz nicht das Recht abgesprochen werden könne, mit seinen Kindern ins Ausland zu ziehen, wenn dies aus beruflichen Gründen notwendig ist, so seien im vorliegenden Fall die Kinder aufgrund ihres seelischen Zustands nach der konfliktreichen Trennung der Eltern dringend auf eine ...

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