Bei der seelischen Misshandlung, der Demütigung, erfährt das Kind Ablehnung, wird terrorisiert oder isoliert, in der Entwicklung seines Selbstwertgefühls beeinträchtigt.

Es wird von den Eltern abwertend behandelt, psychisch unter Druck gesetzt, verängstigt, überfordert oder zurückgewiesen.

Demütigung ist das Gegenstück von Misshandlung im Bereich entwürdigender Erziehungsmaßnahmen.

Bei der Demütigung wird auf das Mittel des Schlagens verzichtet. Es wird aber große seelische Not beim Kind verursacht, die zu erheblichen Gefahren der Schädigung und Verwahrlosung führt. Wer z. B. mit dem emotional doch von ihm abhängigen Kind tage- oder gar wochenlang nicht spricht, setzt es erheblichen Qualen aus und missbraucht so seine Erziehungsverantwortung.[1]

Extrem sind sicher Fälle, in denen ein Kind von den Eltern gezwungen wird, auf der Straße mit einem Schild um den Hals herumzulaufen, auf dem seine "Verfehlungen" verzeichnet sind[2] oder wo ein Kind gefesselt in der Dunkelheit eingesperrt wird. Ebenso eindeutig zu beurteilen sind die Fälle, in denen z. B. die durch Schwangerschaft in einer Notlage befindliche Tochter mittellos aus dem Haus gewiesen wird[3] oder wo der 19-jährige, seelisch gestörte Sohn (Bettnässer) ebenso seinem Schicksal überlassen bleibt.[4]

Schwierig umzugehen ist allerdings mit Fällen subtiler Demütigung, die vom Erwachsenen so nicht bemerkt werden.

Nur allzu oft sind Eltern ahnungslos darüber, welches Leid sie ihren Kindern zufügen.[5] In den meisten Fällen bleibt eben dem Menschen sein eigenes Kinderleiden affektiv verborgen und bildet gerade deshalb die verborgene Quelle neuer, manchmal sehr subtiler Demütigungen in der nächsten Generation.[6]

Zur seelischen Misshandlung zählt auch die extreme Überbehütung oder die symbiotische Fesselung der Kinder.

Im familiengerichtlichen Verfahren ist diese Form der Misshandlung besonders schwer nachzuweisen: Eine mögliche Gefährdung müsste als solche erkannt werden, auch wenn die schädigenden Auswirkungen noch nicht offensichtlich feststellbar sind. Folglich spielen hier Prognosen (und die damit verbundenen Unsicherheiten) über die voraussichtliche Entwicklung des Kindes in der Familie eine besondere Rolle.

[1] Grüneberg/Götz, § 1631 Rn 5 m. w. N.
[2] Beispiel ähnlich im Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vom 27.4.1979, BT-Drs 8/2788, 48.
[3] so schon KG JW 1937, 473
[4] OLG Köln, NJW 1948, 342 f.; auch KG KGJ Bd. 49, 24 ff.
[5] Vgl. das Beispiel der Eis essenden Eltern in Miller, Das Drama des begabten Kindes, 109 ff.; eindrucksvoll auch das Beispiel der Demütigung des Kindes Hermann Hesse, a. a. O, 138 f. und 148 ff.; Hesse schreibt in seiner Erzählung "Die Kinderseele": "…würde nicht Gott einen Ausweg finden, eine Überlegenheit, einen Schwindel,…so wie es den Erwachsenen und Mächtigen ja immer gelang, am Ende noch mit einem Triumph zu kommen, einen schließlich doch noch zu beschämen, einen nicht für voll zu nehmen, einen unter der verfluchten Maske des Wohlwollens zu demütigen?", a. a, O., 239 f.
[6] So Miller a. a. O., 116; Hesse a. a. O., 233: "Nach schlimmen Auftritten, Untersuchungen, Geständnissen und Strafen war ich oft aus des Vaters Zimmer gut und rein hervorgegangen…".

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