Leitsatz

  1. Rechtsschutzbedürfnis für die gerichtliche Abberufung eines Verwalters durch einen einzelnen Eigentümer im Ausnahmefall gegeben
  2. Wichtiger Abberufungsgrund ggf. auch unberechtigte Eigenkontenführung gemeinschaftlicher Gelder
 

Normenkette

§§ 21 Abs. 3 und 4, 26 Abs. 1 Satz 3, 27 Abs. 5 WEG

 

Kommentar

  1. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die gerichtliche Abberufung eines Verwalters ist dann anzunehmen, wenn der Versuch des Wohnungseigentümers, einen Mehrheitsbeschluss über die Abberufung herbeizuführen, gescheitert ist oder wenn ihm die vorherige Anrufung der Versammlung in Anbetracht der Mehrheitsverhältnisse (Majorisierung durch andere Eigentümer) nicht zugemutet werden kann (vgl. auch Senatsbeschluss v. 24.10.2005, 7 W 52/04 m.w.N.).
  2. Eine gerichtliche Abberufung des Verwalters ist gerechtfertigt, wenn die Nichtabberufung durch die Eigentümer einer ordnungsgemäßen Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 4 WEG widerspricht. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Abberufung vorliegt (h.M.). Ein solcher ist bei einer schweren Pflichtwidrigkeit des Verwalters anzunehmen und kommt insbesondere in Betracht, wenn der Verwalter gegen seine Verpflichtung nach § 27 Abs. 5 WEG verstößt, d.h. die Gelder der Wohnungseigentümer nicht von seinem Vermögen getrennt hält, sondern mit eigenen Mitteln vermischt. Sinn und Zweck der Bestimmung gebieten es, dass gegenüber Dritten erkennbar wird, dass es sich um Fremdgelder der Gemeinschaft handelt.
  3. Von einem wichtigen Grund ist auch dann auszugehen, wenn unter Berücksichtigung aller, nicht notwendigerweise vom Verwalter verschuldeter Umstände eine Zusammenarbeit mit dem gewählten Verwalter unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört bzw. von vornherein nicht zu erwarten ist. In erster Linie besitzt hier die Gemeinschaft bei einem solchen Dauerschuldverhältnis einen entsprechenden Beurteilungsspielraum. Nur wenn auch vor diesem Hintergrund der wichtige Grund so schwerwiegend ist, dass die Nichtabberufung des Verwalters nicht mehr den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht bzw. nicht mehr vertretbar erscheint, kann auch ein einzelner Wohnungseigentümer von der Gemeinschaft die Abberufung des Verwalters fordern (insbesondere bei Verstoß gegen Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung i.S.d. § 21 Abs. 3 und 4 WEG; vgl. OLG Frankfurt, Beschluss v. 5.1.2004, 10 W 290/03 und Beschluss v. 18.8.2003, ZfIR 2004, S. 444).

    Allgemein gehört auch ein Mindestmaß an Objektivität und Neutralität zu den wesentlichen Kriterien für die Eignung als Verwalter.

    Auch die Forderung einer zusätzlichen Verwaltervergütung kann für Tätigkeiten infrage stehen, die einem Verwalter im Rahmen der ihm vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse liegen und zum typischen Berufsbild eines Verwalters gehören.

    Zudem darf sich ein Verwalter zwar anderer Personen zur Erfüllung seiner Aufgaben bedienen, jedoch nicht gänzlich seine Tätigkeit und Stellung auf einen Dritten übertragen. Auch die Einschaltung von Sonderfachleuten kann unwirksam sein, wenn es dadurch zur eigenverantwortlichen Erledigung von Verwalteraufgaben und somit faktisch zu einer Unterverwaltung kommen sollte.

  4. Im Rahmen der Prüfung von Störungen des Vertrauensverhältnisses kann auch auf in der Person des Verwalters liegende Umstände aus der Zeit vor seiner Bestellung zurückgegriffen werden und damit auch auf konkrete Umstände aus der Zeit vor dem Eintritt eines antragstellenden Eigentümers. Hier sind alle für und gegen die Abberufung eines Verwalters sprechende Umstände in eine Abwägung mit einzubeziehen, sofern diese geeignet sind, sich auf die Zeit nach seinem Eintritt in die Gemeinschaft auszuwirken.
  5. Die Streitsache musste zum Zweck einer erneuten Tatsachenermittlung und Abwägung aller Gesamtumstände an das Landgericht zurückverwiesen werden.
 

Link zur Entscheidung

OLG Rostock, Beschluss v. 20.5.2009, 3 W 181/08

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge