Leitsatz

Eintragungen des planenden Architekten in Genehmigungsplänen haben grundsätzlich nicht die Bedeutung einer Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter

 

Normenkette

§§ 7 Abs. 4 Nr. 1, 10 Abs. 3 WEG

 

Kommentar

  1. Sondereigentümer sind nach § 13 Abs. 1 WEG berechtigt, mit ihrem Eigentum nach Belieben zu verfahren, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen. Nutzungsbeschränkungen können sich aus einer Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung ergeben, denen der Charakter einer Vereinbarung zukommt. Die Teilungserklärung ist Bestandteil der Eintragung in das Grundbuch; sie ist nach objektiven Gesichtspunkten auszulegen; die Auslegung ist in vollem Umfang der Revisionsprüfung durch den Senat zugänglich.
  2. Angaben in einem Aufteilungsplan zu Nutzungsfragen kommt allenfalls eine nachrangige Bedeutung zu, da durch den Aufteilungsplan primär Lage und Größe eines Sondereigentums und der im Gemeinschaftseigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich zu machen ist (vgl. auch BayObLG, ZfIR 2000 S. 554, 555); dort sollen nicht Rechte der Eigentümer erweitert oder beschränkt werden. Damit kommt auch Eintragungen eines planenden Architekten in die Pläne grundsätzlich nicht die Bedeutung einer Nutzungsbeschränkung zu (h.M.). Werden in zeichnerischer Darstellung als "Café" bezeichneter Räume Einrichtungsteile mit eingezeichnet, sind dies allein Architektenvorschläge, die mit Aufteilung und Abgrenzungsfragen des jeweiligen Sondereigentums nichts zu tun haben.
  3. Ob hier eine Teileigentumseinheit zum Betrieb einer Gaststätte oder eines Cafés eine bauordnungsrechtlich notwendige Absauganlage aufweist, ist für die Auslegung der Teilungserklärung auch schon deshalb ohne Bedeutung, weil es sich bei dieser Anlage um einen Umstand außerhalb der Teilungserklärung handelt, der nicht für jeden ohne Weiteres erkennbar ist (verfestigte BGH-Rechtsprechung).
  4. Im vorliegenden Fall war die Teileigentumseinheit in der Teilungserklärung allein als "nicht zu Wohnzwecken dienende Räumlichkeiten im Erdgeschoss und Kellerräume im Kellergeschoss nach entsprechender Nummer im Aufteilungsplan" bezeichnet. Damit durfte die Teileigentumseinheit auch als Schank- und Speisewirtschaft genutzt werden.
Anmerkung

In diesem Fall bin ich doch sehr verwundert, dass hier vom Landgericht überhaupt Revision zugelassen wurde und Revisionsbegründung erfolgte, da diese Fragen bereits seit langer Zeit im Sinne der h.M. und auch verfestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung als geklärt anzusehen sind. Auch in Nutzungsfragen von Sondereigentum ist zunächst der Einheitsbeschrieb im formellen Teil der Teilungserklärung maßgebend. Vorrangig können allerdings auch in der Gemeinschaftsordnung gesonderte und detaillierte Zweckbestimmungsvereinbarungen getroffen sein, die beachtet werden müssen. Bei hiervon abweichender Nutzungsabsicht durch einen Teileigentümer kommt es in objektivierend typisierender Betrachtungsprognose darauf an, ob eine konkrete Nutzung mit gewissem Erheblichkeitsgrad (je nach Einzelfall) die anderen Eigentümer mehr stören könnte als eine solche nach strengem Wortlaut in einer Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung. Ist ausschließlich von Teileigentum i.S.d. § 1 Abs. 3 WEG die Rede, kann der Eigentümer grundsätzlich jede Nutzung für sich beanspruchen, die nicht gegen bestehende Rücksichtnahmepflichten i.S.d. § 14 WEG oder andere gesetzlich zwingende Bestimmungen verstößt. Ein Aufteilungsplan mit allen seinen Bezeichnungen und Einrichtungseinzeichnungen spielt für Nutzungen ungeachtet seiner rechtlichen Bedeutung für die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum keine Rolle, da durch ihn allein Sondereigentum identifiziert und von anderem Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum zeichnerisch abgegrenzt werden soll.

Alle diese Fragen müssten doch als weitgehend geklärt angesehen werden und sind erkennbar derzeit völlig unbestritten; auch die Gesetzesreform 2007 hat daran nichts geändert. Warum müssen also stets von neuem in solchen Fällen Gerichte unnötigerweise belastet werden?

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 15.01.2010, V ZR 40/09BGH, Urteil v. 15.01.2010, V ZR 40/09

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