Leitsatz

Nachträglicher Einbau von Dachflächenfenstern im Zuge größerer, bestandskräftig genehmigter Dachsanierung als modernisierende Instandsetzung mehrheitlich genehmigungsfähig

 

Normenkette

§§ 14 Nr. 1, 16 Abs. 4, 21 Abs. 3 und Abs. 5 Nr. 2, 22 Abs. 1 und Abs. 3, 23 Abs. 2, 46 Abs. 1 Satz 2 WEG

 

Kommentar

  1. Im Zuge einer bestandskräftig beschlossenen Dachsanierung in einer Mehrhausanlage wurde auch der Einbau zusätzlicher Dachflächenfenster mehrheitlich genehmigt. Dadurch sollte auch Verbesserung der Belichtungsverhältnisse gemäß DIN 5034 Teil 1 3.2.2 bewirkt werden.
  2. Die entsprechende Genehmigungsbeschlussfassung wurde im Rahmen objektiv-normativer Auslegungsgrundsätze des protokollierten Beschlusses als inhaltlich bestimmt genug angesehen, Beschlussnichtigkeit deshalb verneint (unter Hinweis auf protokollierte Äußerungen auch zur Anzahl und zum Ort der einzubauenden Fenster).
  3. In einer Beschlussanfechtungsbegründung muss sich der Lebenssachverhalt, auf den eine Anfechtungsklage gestützt wird, zumindest in seinem wesentlichen Kern ergeben (ständige Rechtsprechung des BGH, NJW 2009 S. 999 und NJW 2009 S. 2132). Es kann insoweit nicht allein vorgetragen werden, dass der Beschluss eine bauliche Veränderung betreffe, für die Allstimmigkeit erforderlich sei und die Einladung nicht erkennen lasse, wer den Genehmigungsantrag gestellt habe, wie die Kosten zu verteilen wären und wer für eventuelle Schäden am Gemeinschaftseigentum hafte.
  4. Im Zuge der Dachinstandsetzung handelt es sich bei dem genehmigten zusätzlichen Dachflächenfenstereinbau um eine modernisierende Instandsetzung im Sinne des § 22 Abs. 3 WEG. Unter Abwägung aller Vor- und Nachteile war auch dieser Fenstereinbau wirtschaftlich sinnvoll und hielt sich im Bereich erprobter und bewährter Techniken, sodass nicht von einer baulichen Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG auszugehen war. Von modernisierender Instandsetzung kann deshalb nach h.M. auch gesprochen werden, wenn der ursprüngliche Zustand des Gebäudes verändert wird (vgl. auch Sanierung eines Flachdachs durch Herstellung eines Walmdachs, BayObLG, WuM 1998 S. 506). Kosten müssen allerdings auch in einem vernünftigen Verhältnis zum erzielten Vorteil stehen. Vorliegend war der Fenstereinbau in das neu erstellte Dach ein Teil dieser Gesamtsanierungsmaßnahme und konnte deshalb auch mit einfacher Mehrheit beschlossen werden, zumal der Fenstereinbau auch den bauordnungsrechtlichen Vorgaben zu verbesserter Wohnungsbelichtung entsprach. Diese Maßnahme war auch sinnvoll, weil auch anfallende Zusatzkosten beschlussgemäß von den Eigentümern der Dachgeschosswohnungen übernommen und Beschlussgenehmigungen gleicher Art bereits bei anderen Häusern genehmigt wurden. Unter Berücksichtigung einer baulichen Veränderung war vorliegend auch von Duldungspflicht der restlichen Eigentümer gemäß § 14 Nr. 1 WEG auszugehen, d.h. nicht erforderlicher Zustimmung aller Eigentümer. Durch den weiteren Genehmigungsbeschluss wurde auch das symmetrische und ordentliche Bild in dieser Anlage vereinheitlicht. Auch sollten andere Wohnungseigentümer nicht mit Fenster-Folgekosten belastet werden; der Beschluss erzeugte auch Bindungswirkung für Rechtsnachfolger gemäß § 10 Abs. 4 WEG.
  5. Mit der wohl h.M. in der Literatur ist die Kammer der Ansicht, dass jedenfalls in den Fällen, in denen die Errichtung einer baulichen Anlage ausschließlich im Interesse einzelner Wohnungseigentümer steht und ein Genehmigungsbeschluss im Zusammenhang mit einem Kostenfreistellungsbeschluss erfolgt, die bauliche Veränderung und die durch sie verursachte Folgen als "Einzelfall" auch im Sinne des § 16 Abs. 4 WEG anzusehen sind (vgl. auch Becker in Bärmann-Ktr., 11. Aufl. 2010, § 16 Rn. 120 ff.; Häublein, ZWE 2008, S. 368; Bub, ZWE 2008, S. 205; Armbrüster, ZWE 2008, S. 67; a.Ä. Riecke/Schmid/Elzer, Fachanwaltskommentar, 3. Aufl. 2010, § 16 Rn. 98a). Nach Sinn und Zweck des § 16 Abs. 4 WEG ist es in derartigen Fällen nicht gerechtfertigt, diejenigen Folgekosten von der Regelungsbefugnis auszuschließen, die erst durch die Errichtung der baulichen Anlage verursacht werden und allein dem Gebrauch einzelner Wohnungseigentümer dienen.

    Somit ist auch eine im Beschluss getroffene Kostenregelung als Einzelfall im Sinn des § 16 Abs. 4 WEG zu werten.

 

Link zur Entscheidung

LG Itzehoe, Urteil v. 12.7.2011, 11 S 51/10

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge