Leitsatz

  1. Eigentümerliste kann ausnahmsweise noch in der Berufungsinstanz korrigiert werden (hier: Nachbenennung einer Miteigentümerin mit Miteigentumsanteil zusammen mit ihrem Ehemann)
  2. Nichtigkeitsfeststellung eines Beschlusses kann auch in der Anfechtungsklage aufgrund des einheitlichen Streitgegenstands ausgeurteilt werden
  3. Ist Sondereigentümern nach Vereinbarung auf eigene Kosten ein nachträglicher Balkonanbau gestattet, besteht für die Gemeinschaft mangels gemeinschaftlicher Verwaltung keine Beschlusskompetenz
  4. Die Teilungültigkeit teilbarer Beschlüsse löst keine Ungültigkeit des gesamten Beschlusses aus
 

Normenkette

§§ 44 Abs. 1 Satz 2 WEG; § 139 BGB; §§ 253, 319 ZPO

 

Kommentar

  1. Eine Korrektur der zwar rechtzeitig im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG eingereichten, aber in einzelnen Punkten unvollständigen oder fehlerhaften Eigentümerliste ist grundsätzlich auch noch nach dem Zeitpunkt gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG möglich. So ist insbesondere die Nachbenennung einer Miteigentümerin, die ihren Miteigentumsanteil gemeinschaftlich mit dem Ehemann hält, aber in der rechtzeitig vorgelegten Eigentümerliste fehlt, auch noch in der Berufungsinstanz zulässig. Dieses Ergebnis ergibt sich aus den schutzwürdigen Belangen eines Anfechtungsklägers, denen Interessen der Beklagten nicht entgegenstehen. Auch in der Liste nicht aufgeführte Eigentümer als Beklagte sind von Anfang an Partei geworden (Klein in Bärmann, 11. Aufl., § 44, Rz. 17). Auch Probleme im Zwangsvollstreckungsverfahren – die zu vermeiden ein wesentlicher Zweck des Erfordernisses der Vorlage der Eigentümerliste ist – ergeben sich letztlich nicht, wenn die Unvollständigkeit der Liste noch vor rechtskräftiger Entscheidung korrigiert wird. Analog § 319 ZPO war damit auch vorliegend noch eine Korrektur der Liste in der Berufungsinstanz zulässig.
  2. Für die Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses ist es anerkannt, dass sie aufgrund des einheitlichen Streitgegenstands auch auf eine Anfechtungsklage hin ausgeurteilt werden kann, ohne dass es einer Klageänderung bedarf (BGH, NJW 2009 S. 3655, 3657). Folglich kann in einem solchen Fall letztlich offenbleiben, ob ein Beschluss nichtig oder aber jedenfalls anfechtbar ist. Gleiches gilt für das Verhältnis zwischen einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses zu einer Klage auf Feststellung, dass ein Beschluss überhaupt nicht gefasst wurde. Auch in diesen beiden Fällen handelt es sich um eine Beschlussmängelklage gemäß § 43 Nr. 4 WEG mit einheitlichem Streitgegenstand. Deswegen muss auch hier nicht aufgeklärt werden, ob ein Beschluss überhaupt gefasst wurde, wenn er jedenfalls nichtig ist, weil die Beschlussmängelklage so oder so Erfolg hat.
  3. Ist nach Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung den Eigentümern der Balkonanbau auf eigene Kosten und Folgekosten gestattet, sind die damit verbunden Kosten und Lasten rechtsverbindlich den Sondereigentümern zugewiesen. Damit ist auch den Sondereigentümern eine Balkonerrichtung insgesamt übertragen und aus dem Bereich der gemeinschaftlichen Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 1 WEG explizit ausgenommen. Vorliegende Beschlussfassung verstößt hier gegen diese rechtsverbindliche Kompetenzzuweisung, wenn die Angelegenheit wieder zur Gemeinschaftssache erklärt wurde.
  4. Sind Beschlussthemen in einer Beschlussfassung nicht untrennbar im Sinne des § 139 BGB verknüpft, führt die Ungültigkeit eines teilbaren Beschlussbereichs nicht zur Gesamtungültigkeit aller Beschlussteile entsprechend § 139 BGB. Vorliegend wurde zu Recht über eine energetische Sanierung des Gemeinschaftseigentums beschlossen und – teilbar hiervon – zu Unrecht über die Errichtung von Balkonen.
  5. Werden zu Unrecht durch Beschluss Hausreinigungskosten mangels Trennungsvereinbarung nur auf ein Vordergebäude umgelegt, ist diese Kostenverteilung fehlerhaft, sodass auch alle Jahreseinzelabrechnungen diesbezüglich für ungültig zu erklären waren. Die Gesamtabrechnung bleibt demgegenüber von diesen Verteilungsfehlern unberührt. Insoweit ist dann auch ein Entlastungsbeschluss der Verwaltung für ungültig zu erklären.
 

Link zur Entscheidung

LG München I, Urteil vom 09.05.2011, 1 S 22360/10

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