Leitsatz

Die Eigenbedarfskündigung des Vermieters ist unwirksam, wenn der Ehegatte des Mieters 80 Jahre alt und fast blind ist und sich daher in einer neuen Umgebung nicht zurechtfinden kann.

 

Fakten:

Der Mieter widerspricht einer Eigenbedarfskündigung seines Vermieters mit der Begründung, sein Ehegatte sei 80 Jahre alt, fast blind und könne sich daher in einer neuen Umgebung nicht zurechtfinden. Das Gericht gibt dem Mieter Recht: Allein der Umstand, dass der Ehegatte des Mieters 80 Jahre alt ist und das Mietverhältnis seit über 30 Jahren besteht, stellt zwar allein keine besondere Härte dar. Doch der Ehegatte des Mieters ist auf einem Auge blind, auf dem anderen hat er nur eine Sehkraft von 1/25. Er kann sich in ihm bekannten Räumen, deren Möblierung er kennt, zurechtfinden, es ist ihm jedoch nicht möglich, in der ihm bekannten Umgebung eine Straße zu überqueren, Straßennamen zu lesen oder Ampeln zu erkennen. Ein Umzug würde die Lebenssituation des Ehegatten des Mieters so erheblich verschlechtern, dass eine soziale Härte vorliegt. Das Interesse des Mieters am Erhalt der Wohnung überwiegt daher das Interesse des Vermieters an der Rückerlangung der Wohnung, zumal der Vermieter beabsichtigt, die Wohnung nur etwa die Hälfte des Jahres zu bewohnen und er zwei Monate vor seinem Entschluss, die Wohnung zu beziehen, eine gleichartige Wohnung in der darübergelegenen Etage weitervermietet hat.

 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Urteil vom 06.05.2004, 8 U 288/03

Fazit:

Mit der zunehmenden Zahl an älteren Mietern werden die Möglichkeiten der Eigenbedarfskündigung eingeschränkt. Die Rechtsprechung erklärt den Widerspruch von alten, gesundheitlich eingeschränkten Mietern gegenüber Eigenbedarfskündigungen zunehmend für gerechtfertigt.

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