Leitsatz

Getrennt lebende Eheleute stritten um die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung von Nutzungsentschädigung für die Ehewohnung, deren hälftige Miteigentümer die Beteiligten waren. Seit dem Auszug des Antragstellers aus dem Reihenmittelhaus im März 2010 wohnte die Antragsgegnerin mit dem gemeinsamen volljährigen Sohn in dem Objekt und trug dessen Nebenkosten.

Der Antragsteller hat beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung i.H.v. monatlich 400,00 EUR ab April 2010 zu verpflichten. Das Haus habe eine Marktmiete von wenigstens 800,00 EUR, von der ihm die Hälfte zustehe.

Die Antragsgegnerin ist dem entgegen getreten und hat Leistungsunfähigkeit geltend gemacht.

Das AG hat dem Antragsteller eine Nutzungsentschädigung i.H.v. monatlich 300,00 EUR ab April 2010 zugesprochen. Es hat die Einkünfte beider Beteiligter ermittelt und festgestellt, bei der Zahlung i.H.v. 224,00 EUR monatlich von der Antragsgegnerin an den Antragsteller hätten beide Beteiligte gleich hohe Einkünfte. Dieser Betrag sei auf 300,00 EUR zu erhöhen, weil die Antragstellerin von dem Sohn der Beteiligten einen Wohnkostenbeitrag fordern könne, der dem Antragsteller zur Hälfte zustehe.

Hiergegen wandte sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde, die sich als nur teilweise begründet erwies.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG wies unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung darauf hin, dass sich der Anspruch auf Zahlung von Nutzungsentschädigung für die Zeit des Getrenntlebens der Parteien nach § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB als lex specialis ggü. der Vorschrift des § 745 Abs. 2 BGB richte. Für getrennt lebende Eheleute, die - wie hier - zugleich Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft i.S.d. §§ 41 ff. BGB an der Ehewohnung seien, verdränge für die Frage einer zu zahlenden Nutzungsentschädigung die Regelung des § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB bzw. der §§ 2, 3 HausrVO die allgemeine Regelung des § 745 Abs. 2 BGB als lex specialis für die Trennungszeit bzw. die nacheheliche Zeit.

Dies gelte auch dann, wenn der weichende Ehegatte die Ehewohnung freiwillig verlassen habe und sie dem verbleibenden Ehegatten freiwillig zur Nutzung überlassen habe und somit die eigentliche Zuweisung der Ehewohnung nicht Streitgegenstand sei.

Gleichwohl sei hier § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB auch weiterhin anwendbar, weil es sich bei der streitbefangenen Wohnung noch um die Ehewohnung der Parteien handele. Gemäß § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB könne ein Ehegatte, der dem anderen Ehegatten die Wohnung ganz oder zum Teil überlassen, für die Trennungszeit eine Vergütung für die Nutzung verlangen, wenn dies der Billigkeit entspreche. Maßgebend für die Billigkeitsentscheidung seien stets die gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalls, d.h. neben dem Mietwert seien insbesondere die Lebens- und wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten und ihre bisherige Lebensgestaltung zu beachten.

Das OLG hielt es für sachgerecht, den objektiven Mietwert des Objekts mit ca. 600,00 EUR anzusetzen. Einen höheren Wert mache auch der Antragsteller nicht nachvollziehbar geltend.

Es sei ferner gerechtfertigt, für einen Zeitraum von rund einem Jahr nach dem Auszug des Antragstellers entsprechend der nur noch eingeschränkten Nutzung lediglich einen angemessenen Wohnwert von 300,00 EUR anzusetzen. Dies entspreche den Kosten einer angemessenen Wohnung für eine Person, wie sie auch der Antragsteller belegt habe und berücksichtige, dass die Ehewohnung der Antragsgegnerin durch den Auszug des Antragstellers zumindest für eine gewisse Übergangszeit gleichsam aufgedrängt worden sei (vgl. BGH FamRZ 1986, 436).

Zu berücksichtigen seien ferner die Einkommensverhältnisse der Parteien sowie ferner der Umstand, dass der volljährige Sohn der Beteiligten zumindest ein Zimmer in dem Haus bewohne und Bad und Küche nutze. Hierfür könne die Antragsgegnerin einen gewissen Beitrag des Sohnes verlangen, der dem Antragsteller hälftig zugute kommen müsse.

Unter Berücksichtigung des Mietwertes einerseits und der insgesamt besseren finanziellen Situation der Antragsgegnerin andererseits sowie der möglichen Inanspruchnahme des Sohnes hielt der Senat eine Nutzungsentschädigung von 150,00 EUR bis zum 31.3.2011 und i.H.v. 300,00 EUR für die Zeit ab 1.4.2011 für angemessen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 30.09.2010, II-3 UF 154/10

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge