Leitsatz

In dieser Entscheidung ging es um die Frage, ob ein ehelicher Treuebruch kurz nach der Eheschließung eine unzumutbare Härte i.S.d. § 1565 Abs. 2 BGB darstellt mit der Folge, dass das Scheidungsverfahren vor Ablauf des Trennungsjahres betrieben werden kann.

 

Sachverhalt

Die Beteiligten hatten am 29.4.2010 geheiratet. Die Antragstellerin hat am 12.7.2010 einen Antrag auf einverständliche Scheidung ihrer Ehe beim Familiengericht eingereicht und damit begründet, die Einhaltung des Trennungsjahres gemäß § 1565 Abs. 2 BGB sei aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten lägen, für sie eine unzumutbare Härte.

Sie - die Antragstellerin habe am Abend des 2.5.2010 - somit drei Tage nach der Hochzeit telefonisch von einer engen Freundin erfahren, dass der Antragsgegner neben ihr sitze und ihr soeben erklärt habe, dass er in sie verliebt sei. Dieser Umstand habe sie in jener Nacht psychisch außerordentlich belastet. Im Nachhinein habe sich im Übrigen herausgestellt, dass ihr Ehemann schon am Abend vor der Hochzeit der betreffenden Freundin per e-Mail seine Liebe offenbart habe.

Die Antragstellerin hat für das von ihr beabsichtigte Ehescheidungsverfahren Verfahrenskostenhilfe beantragt. Ihr Antrag wurde abgelehnt mit der Begründung, die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen und ein Scheidungsantrag derzeit unschlüssig sei. Die bloße Zuwendung zu einem neuen Partner stelle einen Zerrüttungsgrund dar und führe nicht bereits dazu, dass das Zuwarten bis zum Ablauf des Trennungsjahres unzumutbar sei.

Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit der Beschwerde. Zum einen sei angesichts der dargelegten Umstände ein Härtegrund gegeben. Zum anderen werde der Antragsgegner - ein US-Staatsbürger - in Kürze mit seiner neuen Partnerin in die USA ausreisen. Sie selbst beabsichtige nach Nepal zu reisen, um dort den Buddhismus zu studieren. Eine Aussicht auf Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft bestehe nicht.

Das Rechtsmittel der Antragstellerin blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG teilte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach Erfolgsaussichten für einen Scheidungsantrag zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vorlägen.

Da die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt lebten, könne die Ehe gemäß § 1565 Abs. 2 BGB nur geschieden werden, wenn ihre Fortsetzung für die Antragstellerin aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten lägen, eine "unzumutbare Härte" darstellen würden. An die Ausfüllung dieses Begriffs seien strenge Anforderungen zu stellen, was schon aus der doppelten Einschränkung "unzumutbar" und Härte folge. Die Vorschrift solle als Ausnahmetatbestand eine Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres zwar nicht verhindern, aber regelmäßig erschweren (OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 809).

Fehle ein solcher Härtegrund, sei das erste Trennungsjahr auch dann abzuwarten, wenn das Scheitern der Ehe feststehe. Nur dann, wenn die Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft vor Ablauf des Trennungsjahres aufgrund schwerwiegender Umstände als ausgeschlossen angesehen werden könne, sei ein vorzeitiges Scheidungsbegehren weder missbräuchlich noch leichtfertig (OLG Düsseldorf FamRZ 2000, 286).

Es gehe also nicht darum, dass die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft als solche nicht mehr zu erwarten sei, etwa weil ein Ehegatte oder gar beide inzwischen hieran nicht mehr festhalten wollten. Wesentlich sei, dass Umstände, auf welche die Unzumutbarkeit gestützt werden solle, vorliegen müssten, und zwar in der Person des anderen Ehegatten.

Die Antragstellerin laste dem Antragsgegner eine aus ihrer Sicht schwerwiegende Verletzung der ehelichen Treuepflicht an. Treuebruch sei aber nicht automatisch, sondern nur bei Hinzutreten weiterer Umstände ein Grund für die Unzumutbarkeit (OLG Stuttgart FamRZ 2002, 1342; OLG Rostock NJW 2006, 3648).

Nicht jede Aufnahme einer außerehelichen Lebensgemeinschaft mit einem Dritten begründe die Unzumutbarkeit für den anderen Ehegatten, das Trennungsjahr abzuwarten.

Damit werde nicht der Treuebruch selbst bagatellisiert, sondern der gesetzgeberischen Wertung Rechnung getragen, die eben das Vorliegen einer unzumutbaren Härte verlange. Deshalb müssten weitere Umstände wie etwa die Darstellung in der Öffentlichkeit oder ein ehebrecherisches Verhältnis in der früheren Ehewohnung hinzutreten, die es für den anderen Ehegatten geradezu als entwürdigendes Unrecht erscheinen ließen, wenn man ihn noch länger am Eheband festhalten wollte (OLG Zweibrücken FamRZ 2006, 1201 [1203]; OLG Rostock NJW 2006, 3648, 3649; OLG Stuttgart FamRZ 2002, 1342; Johannsen/Henrich/Jaeger Rz. 69).

Im vorliegenden Fall sei festzustellen, dass hier zwar ein ehelicher Treuebruch vorliege, der sich dadurch hervorhebe, dass er bereits wenige Tage nach der Eheschließung offenkundig geworden und zudem mit einer engen Freundin der Antragstellerin begangen worden sei. Es sei auch nachvollziehbar, dass dies die Antragstellerin erhebl...

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