Die Gesetzesänderung durch das UÄndG bringt zum 1.7.2007 eine komplett neue und anders gestaltete Ordnung der unterhaltsrechtlichen Rangverhältnisse. Die Rangfolge war bis zuletzt im politischen Streit. Lediglich aufgrund der Entscheidung des BVerfG v. 28.2.2007[747] wurde der bereits geänderte Rang der mit dem Kindesvater nicht verheirateten Mutter wieder mit dem der betreuenden Ehefrau gleichgesetzt.

Die Neufassung des § 1609 BGB enthält nun folgende Rangfolge:

 

1. Minderjährige unverheiratete Kinder und Kinder i. S. des § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB.

2. Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB zu berücksichtigen.

3. Ehegatten, die nicht unter Nr. 2 fallen.

4. Kinder, die nicht unter Nr. 1 fallen.

5. Enkelkinder und weitere Abkömmlinge.

6. Eltern.

7. Weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die Näheren den Entfernteren vor.

Kernpunkt der Neuregelung ist, dass der Unterhalt minderjähriger unverheirateter Kinder und privilegierter volljähriger Kinder (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) künftig Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen hat.[748] Der absolute Vorrang des Kindesunterhalts dient der Förderung des Kindeswohls, da damit die materiellen Grundlagen für Pflege und Erziehung von Kindern gesichert werden. Der unterhaltsrechtliche Vorrang wird damit zum Komplementärstück zur gesteigerten Unterhaltsobliegenheit der Eltern gegenüber ihren minderjährigen unverheirateten und diesen gleichgestellten Kindern (§ 1603 Abs. 2 BGB).

Mit der Einräumung des Vorrangs des Kindesunterhalts wird nicht nur der Entschließung des Deutschen Bundestages v. 28.6.2000[749] entsprochen; der Gesetzgeber folgt damit auch den wiederholt vorgetragenen Empfehlungen des Deutschen Familiengerichtstages[750] und der überwiegenden Literaturmeinung.[751]

Die innere Rechtfertigung des Vorrangs ergibt sich aus der Überlegung, dass Kinder die wirtschaftlich schwächsten Mitglieder der Gesellschaft sind und im Gegensatz zu anderen Unterhaltsberechtigten ihre wirtschaftliche Lage nicht aus eigener Kraft verändern können. Dagegen haben die künftig nachrangigen Unterhaltsberechtigten wenigstens potenziell die Möglichkeit, für ihren Lebensunterhalt selbst zu sorgen.

Gleichzeitig stellt die neue Rangordnung aber auch auf den Vorrang der Erwerbsobliegenheit nach der Scheidung ab. Dies wird dadurch deutlich, dass allein die Nachwirkungen einer geschiedenen Ehe lediglich noch einen Unterhaltsanspruch im 3. Rang ermöglichen.

Das UÄndG bedeutet eine Abkehr vom geltendem Recht, bei dem es in einem Mangelfall zu einer unbefriedigenden Situation kam, die durch die verhältnismäßige Kürzung aller erstrangigen Unterhaltsansprüche die ausgeurteilten Unterhaltszahlbeträge vielfach so gering bemaß, dass davon weder die Kinder noch der gleichrangige Ehegatte leben konnten.

Nach der Auffassung der Gesetzesbegründung sollte es der Gedanke des Kindeswohls rechtfertigen, die Unterhaltsansprüche von Eltern wegen der Betreuung von Kindern im Rang unmittelbar hinter denjenigen der Kinder einzustellen.

Die ursprüngliche Überlegung, dass es beim Rang keine Rolle mehr spielen solle, ob der Betreuungsunterhaltsanspruch aus der Ehe der Kindeseltern hergeleitet wird oder ob es sich um den Anspruch auf Betreuungsunterhalt eines nicht verheirateten Elternteils gemäß § 1615l Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB handelt, hat sich erst aufgrund der Entscheidung des BVerfG durchgesetzt. Damit wird deutlich gemacht, dass der Personenstand, soweit es lediglich um die rangmäßige Einordnung des Unterhaltsanspruchs nicht verheirateter Elternteile im Verhältnis zu anderen Unterhaltsansprüchen geht, kein taugliches Differenzierungskriterium ist.

Richtigerweise bleibt die sachliche Rechtfertigung für die Zuerkennung der Rangposition allein die Tatsache der Kindesbetreuung.

Weiter modifiziert die Neuregelung die bisherige Privilegierung des Unterhaltsanspruchs des ersten Ehegatten gegenüber demjenigen des zweiten Ehegatten. Künftig zählt nicht mehr die zeitliche Priorität der Eheschließung, sondern allein die Schutzbedürftigkeit des Berechtigten.

Besonders schutzbedürftig sind Berechtigte, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsbedürftig sind oder die wegen der langen Dauer der Ehe einen besonderen Vertrauensschutz beanspruchen können. Dagegen hat der Unterhaltsberechtigte bei einer kürzeren Ehedauer sein Leben noch nicht in derselben Weise auf die Ehe eingestellt wie dies bei längerer Ehedauer der Fall ist.

Soweit sich sowohl der erste als auch der spätere Ehegatte auf Kindesbetreuung oder Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen kann, besteht zwischen ihren jeweiligen Unterhaltsansprüchen – im Gegensatz zur früheren Rechtslage – Gleichrang. Damit ist zugleich der diesbezügliche Widerspruch des früheren Rechts aufgehoben; denn nach § 1609 Abs. 2 S...

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