Bei der Berechnung des Ehegattenunterhaltes sind Unterhaltszahlungen für Kinder grundsätzlich als ehebedingte Verbindlichkeiten zu berücksichtigen. Tatsächlich geschuldeter und gezahlter Kindesunterhalt ist sowohl auf Seiten des Berechtigten als auch auf Seiten des Pflichtigen einkommensmindernd in Abzug zu bringen. Dies gilt für Unterhaltsleistungen an minderjährige Kinder, privilegierte volljährige Kinder und volljährige Kinder ohne unterhaltsrechtliche Privilegierung. Auch wenn hinsichtlich der Unterhaltsansprüche nicht privilegierter volljähriger Kinder ein Nachrang (§ 1609 BGB) gegenüber dem Anspruch auf Ehegattenunterhalt besteht, betrifft dieser Nachrang lediglich die Leistungsfähigkeit. Auf die Höhe des Unterhaltsbedarfs hat § 1609 BGB keine Auswirkungen.

Wie der BGH in mehreren jüngeren Entscheidungen[1] betont hat, bemisst sich der Bedarf beim Kindesunterhalt gem.§ 1610 Abs. 1 BGB nach der Lebensstellung des Kindes, die es regelmäßig bis zum Abschluss seiner Ausbildung von beiden Eltern ableitet. Daher ist von den Erwerbseinkünften des betreuenden Elternteils der Barunterhaltsbedarf der Kinder nach den gemeinsamen Einkünften der Eltern abzüglich des hälftigen auf den Barunterhalt entfallenden Kindergelds und abzüglich des vom Kindesvater geleisteten Barunterhalts abzusetzen. In dieser Höhe leistet der betreuende Elternteil neben dem Betreuungsunterhalt restlichen Barunterhalt in Form von Naturalunterhalt.[112]

Diese Rechtsprechung hat Auswirkungen auf die Bemessung des Ehegattenunterhaltes, wie der nachfolgende Beispielfall zeigt:

 
Praxis-Beispiel

Das Einkommen der Kindesmutter, welche das 12-jährige Kind betreut, beläuft sich auf 1.500 EUR. Das Einkommen des Kindesvaters beträgt 2.700 EUR. Das Gesamteinkommen beider Eltern beläuft sich auf 4.200 EUR.

Nach der obig dargestellten neueren Rechtsprechung des BGH beläuft sich der Bedarf des Kindes aus dem zusammengerechneten Einkommen beider Eltern auf 800 EUR (Düsseldorfer Tabelle 2023). Nach Abzug des hälftigen Kindergeldes verbleibt ein Zahlbetrag von 675 EUR.

Die Unterhaltsverpflichtung des Kindesvaters gegenüber dem Kind ist begrenzt und bemisst sich nach seinem eigenen Erwerbseinkommen von 2.700 EUR auf einen Zahlbetrag von 522 EUR.

Es verbleibt ein ungedeckter Bedarfsanteil des Kindes in Höhe von 153 EUR, der von der Kindesmutter übernommen wird. Der Ehegattenunterhalt der Kindesmutter ist dann wie folgt zu berechnen:

Einkommen Vater 2.700,00 EUR

abzgl. Kindesunterhalt- 522 EUR

verbleiben 2.178 EUR

Einkommen Mutter 1.500,00 EUR

abzgl. ungedeckter Kindesunterhalt- 153 EUR

verbleiben 1.347 EUR

Differenz Ehegatteneinkommen 831 EUR

45 %-Quotenunterhalt 373,95 EUR

[1] 111

BGH, FamRZ 2021, 28; BGH, FamRZ 2017, 437.

[112] BGH, FamRZ 2022, 1366.

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