Das Wichtigste in Kürze:

1. Das neue Recht der Vermögensabschöpfung ist am 1.7.2017 in Kraft getreten.
2. Materiell-rechtliche Regelungen hierzu finden sich in den §§ 73 ff. StGB, während das für die HV relevante flankierende Verfahrensrecht Gegenstand der §§ 421 ff. ist.
3. Das Absehen von der Einziehung ist in § 421 geregelt.
4. Die Abtrennung der Einziehung regelt § 422.
5. Das selbständige Einziehungsverfahren und die Entscheidung im selbständigen Einziehungsverfahren sind in den §§ 435 ff. geregelt.
6. Eine Beteiligung am Einziehungsverfahren kann in verschiedenen Formen erfolgen.
7. Das Rechtsmittelverfahren ist in § 431 geregelt.
 

Rdn 1674

 

Literaturhinweise:

Bittmann, Die Rechtsprechung zum abschöpfungsrechtlichen Verfahrensrecht 2019/20, Teil 1, NStZ 2021, 149

Bittmann, Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung in der Rechtsprechung 2019/20, Teil 2, NStZ 2020, 648

Emmert, Gerichtliche Bindung an die Hauptsacheentscheidung im abgetrennten und im selbstständigen Verfahren, NStZ 2020, 587

Köhler, Die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung – Teil 1/2, NStZ 2017, 497

Köhler/Burkhard, Die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung – Teil 2/2, NStZ 2017, 665

Li, Die Pflicht zum Hinweis auf eine Einziehung nach § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO, Strafverteidiger 2021, 533

Rettke, Die Bedeutung der Einziehung gemäß § 73 StGB – Die Aufwertung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung – Teil 1 NZWiSt 2019, 281

Trüg, Die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, NJW 2017, 1913

wegen weiterer Rspr-Nachw. Burhoff, EV, Rn 5312.

 

Rdn 1675

1. Die insbesondere auch verfahrensrechtlich unsystematische und komplexe Ausgestaltung der Vermögensabschöpfung, hat in der Vergangenheit zu erheblichen Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung geführt und hat zu Rufen nach einer grundlegenden Erneuerung dieser Normen geführt (zu Lit. zum alten Recht Burhoff, EV Rn 5313).

 

Rdn 1676

Die am 1.7.2017 in Kraft getretenen Vorschriften zur prozessualen Neufassung der Vermögensabschöpfung finden sich in den §§ 421 bis 439 und lösen damit die alte Gesetzgebung der §§ 430 bis 441 a.F. ab. Gerichte und StA wird durch dieses neue Instrumentarium ermöglicht, die Einziehung rechtswidrig erlangter Vermögensvorteile prozessual umzusetzen – die Vermögensabschöpfung soll als "dritte Spur" des Strafrechts dienen (Meyer ZStW 127, 215, 241, 257; vgl. BT-Drucks. 18/9525, S. 1). Ziel der Reform war es auch, die Opferentschädigung voranzutreiben, Tatgeschädigte sollten die Möglichkeit bekommen "einfach und unbürokratisch" ihre Rechte geltend machen zu können (BT-Drucks. 18/9525, S. 3).

 

Rdn 1677

2. Nachfolgend sind nur die verfahrensrechtlichen Regelungen zur Vermögensabschöpfung im Verfahrensabschnitt der HV dargestellt. Wegen der materiellen Voraussetzungen wird auf die Kommentierungen zu §§ 73 ff. StGB verwiesen. Wegen der Regelungen für das EV wird auf Burhoff, EV, Rn 5311 ff. verwiesen.

 

Rdn 1678

3.a) Das Absehen von der Einziehung ist in § 421 geregelt. Diese Norm dient verfahrensökonomischen Gesichtspunkten und ermöglicht ein Absehen von der eigentlich zwingenden Einziehung. Als Ausnahmevorschrift hat die Regelung besondere Bedeutung für die Verteidigung von Sachverhalten, in denen eine Vermögensabschöpfung droht. Sie ist insbesondere auch für komplexere Fälle der Einziehung oder Wertersatzeinziehungen anwendbar. § 421 ersetzt somit § 430 Abs. 1 a.F. Anwendung findet die Regelung jedoch nur in einem Strafverfahren, in dem es um weitere Sanktionen geht und das nicht allein die Einziehung zum Verfahrensgegenstand hat (Meyer-Goßner/Schmitt, § 421 Rn 1).

 

Rdn 1679

b) Damit § 421 angewandt werden kann, müssen folgende Voraussetzungen alternativ erfüllt sein:

 

Rdn 1680

aa) Gem. § 421 Abs. 1 Nr. 1 kann von der Einziehung abgesehen werden, wenn der Einziehungswert gering ist. Als geringwertig werden jedenfalls Beträge unter 30 – 50 EUR bewertet (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 421 Rn 4 m.w.N.). Andere hingegen plädieren ausgehend von einem strafprozessualen Ermessensrahmen in Anlehnung an § 111d StPO a.F. für eine Wertgrenze von 100–200 EUR und in Steuerstrafsachen von etwa 500 EUR (vgl. KK-Schmidt, § 421 Rn 3 m.w.N.). Während die Wertermittlung im EV der StA obliegt, erfolgt in allen anderen Verfahrensabschnitten, inklusive des Nachverfahrens (§ 433 Abs. 5) und des selbständigen Verfahrens (§ 435 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 433 Abs. 5) eine Entscheidung des Gerichts mit Zustimmung der StA (Meyer-Goßner/Schmitt, § 421 Rn 3).

 

Rdn 1681

bb) Beim § 421 Abs. 1 Nr. 2 kann von der Einziehung abgesehen werden, soweit diese neben der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nicht ins Gewicht fallen würde. Orientierung bietet hier die Konkretisierung zu den §§ 154 f. (→ Einstellung des Verfahrens nach § 154, Teil E Rdn 1621 ff.), wobei zu beachten ist, dass die Einziehung keinen Straf- sondern nur einen Kondiktionscharakter hat. Bei gefährlichen Tatgegenständen findet diese Vorschrift keine Anwendung (Meyer-Goßner-Schmitt, § 421 ...

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