Zusammenfassung

So selbstverständlich die Nutzung des Internets im Alltags- und Berufsleben auch geworden ist, so unklar sind nach wie vor die Regelungen für den Fall, dass ein Nutzer stirbt. Was geschieht mit den Daten in der Cloud, was mit den Profilseiten auf sozialen Netzwerken und wer darf auf das E-Mail-Konto zugreifen? Auch im Hinblick auf Nutzungsrechte an digitalen Gütern oder Domains und Websites müssen die Verhältnisse schnell geklärt werden. Besonders brisant sind diese Fragen, wenn geschäftliche Interessen betroffen sind, sodass für den Fall der Fälle Vorsorge getroffen werden muss.

1 Nachlassregelung: Theorie und Praxis

Im Grunde gilt für den Nachlass in der digitalen Welt dasselbe wie bei realen Gütern. Der Erbe oder gegebenenfalls die Erbengemeinschaft übernehmen alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen. Die Erben bekommen auch die Verfügungsgewalt über vorhandene E-Mail-Postfächer, Websites oder die Profilseiten auf sozialen Netzwerken.

Wer Erbe ist, ist im Idealfall in einem Testament des Verstorbenen klar benannt. Gibt es keine derartige Nachlassverfügung, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Letzteres kann zu komplizierten Situationen führen, wenn mehrere Personen das Erbe antreten und zwischen diesen keine Einigung besteht.

Normalerweise kann sich der Erbe mit einem Erbschein an die Internet-Dienstanbieter wenden, bei denen der Verstorbene seine Konten hatte, und Zugang auf die Konten und Angebote verlangen. Soweit die Theorie. In der Praxis ist dies jedoch nicht immer einfach möglich.

Das beginnt damit, dass Hinterbliebene und Erben häufig gar nicht genau wissen, über welche Konten bei welchen Anbietern der Verstorbene tatsächlich verfügte. Angesichts der unzähligen Angebote, die es im Internet gibt, kommt selbst ein Durchschnittsanwender schnell auf mehrere Dutzend Konten bei diversen Online-Shops, E-Mail- und anderen Kommunikationsdiensten, Bezahldiensten, Konten bei Online-Banken, bei Streaming-Plattformen aber auch bei sozialen Netzwerken und Foren (s. Abb. 1).

Abb. 1: Mittlerweile muss auch der digitale Nachlass geregelt werden. (Grafik: Verbraucherzentrale BV)

In Deutschland gilt die Gesamtrechtsnachfolge, nach der der Erbe in alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen eintritt. Damit wird der rechtmäßige Erbe beispielsweise auch Eigentümer einer eventuell vorhandenen Domain, die zuvor auf den Verstorbenen eingetragen war, oder bekommt Verfügungsgewalt über E-Mail-Konten. Ebenso muss er vom Verstorbenen eingegangene Vertragspflichten erfüllen. Kostenpflichtige Dienste, wie etwa Speicher- und Streaming-Dienste und Online-Abonnements, laufen zunächst also weiter. Gesetzliche Sonderkündigungsrechte für den Todesfall gibt es nicht.

Auch angebahnte geschäftliche Transaktionen müssen erfüllt werden. Hat der Verstorbene beispielsweise Waren in einem Online-Shop geordert, müssen diese angenommen und bezahlt werden. Auch müssen Waren, die etwa bei Plattformen wie eBay verkauft wurden, den Käufern übersendet werden.

In vielen Fällen fehlt den Erben allerdings der Überblick darüber, welche Online-Konten der Verstorbene genutzt hat und welche Vertragspflichten bestehen. Viele Verträge werden online geschlossen und Vertragsunterlagen und Rechnungen liegen oft nur in elektronischer Form vor, meist als E-Mail.

1.1 E-Mail-Postfach ist erste Anlaufstelle

Das E-Mail-Konto spielt daher bei der Verwaltung des digitalen Nachlasses eine zentrale Rolle. Der Zugriff setzt allerdings die Kenntnis der Zugangsdaten voraus. Ist das Passwort nicht bekannt, tun sich in der Praxis einige Probleme auf, da selbst nach Vorlage eines Erbscheins nicht jeder E-Mail-Provider den Zugriff gewährt.

Bei vielen ausländischen Unternehmen müssen Sterbeurkunde oder Erbschein in beglaubigter Übersetzung übermittelt werden, was zusätzlichen Aufwand bedeutet. Einige ausländische E-Mail-Provider wie Yahoo sind generell wenig kooperativ, während es bei Anbietern wie GMX oder Web.de zwar mit einigem Aufwand, aber generell möglich ist, einen Zugang zu bekommen.

Abb. 2: Über den Inaktivitätsmananger lässt sich festlegen, was mit einem Google-Konto geschehen soll.

Google hat vor einiger Zeit einen Inaktivitätsmanager eingeführt. Bei diesem Verfahren benennt ein Nutzer eine oder auch mehrere Personen, die automatisch benachrichtigt werden, wenn das Google-Konto über eine bestimmte Zeitspanne nicht genutzt. Die Benachrichtigung erfolgt per E-Mail oder SMS und diese Personen erhalten im Todesfall auch die Verfügungsgewalt über das Google-Konto und alle vorhandenen Daten.

Eine ähnliche Funktion hat auch Facebook bereits in den USA eingeführt: Eine vom Nutzer benannte Vertrauensperson bekommt einen Zugriff auf die Profilseite, der allerdings leicht eingeschränkt ist. Ansonsten gibt es bei Facebook für Hinterbliebene die Möglichkeit, das Profil zu löschen oder in einen Gedenkmodus zu versetzen, bei dem dann auf den Seiten keine neuen Mitteilungen mehr hinzugefügt werden können.

Abb. 3: Auf den Facebook-Hilfeseiten gibt es auch Hinweise zum Gedenkmodus.

Um Probleme für die Erben zu vermeiden, sollte daher nicht nur eine testamentarische Regelung...

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