Leitsatz

  1. Zur Differenzierung zwischen einem Wohnungseigentümerbeschluss und einer Vereinbarung
  2. Auslegung einer schuldrechtlichen Vereinbarung über die Durchführung baulicher Veränderungsmaßnahmen
 

Normenkette

§§ 22, 43, 44 WEG

 

Kommentar

  1. Notariell wurde zwischen früheren Beteiligten vereinbart, dass ein Eigentümer berechtigt sei, eine bestimmte Grundstücksfläche zu befestigen und eine Garage darauf zu errichten. In weiterer schuldrechtlicher Vereinbarung wurde geregelt, dass die vom Beteiligten evtl. noch zu errichtenden Gebäude, Anbauten oder Garagen usw. nach Vorlage eines entsprechenden Plans mit Abgeschlossenheitsbescheinigung Sondereigentum derjenigen Beteiligten werden sollten, welche die baulichen Veränderungen vornehmen. Im notariellen Erwerbsvertrag eines Rechtsnachfolgers wurde unter Bezugnahme auf die früheren Vereinbarungen die Regelung getroffen, dass der Veräußerer seine Rechte aus den Vereinbarungen hiermit an den Käufer abtrete, der die Abtretung annehme. Anschließend nahm ein Beteiligter erhebliche Änderungen an seinem Wohnhaus vor (Zimmerausbau, Versetzen eines Fensters und Errichtung eines Carports). Weiterhin beabsichtigte ein anderer Eigentümer, sein Wohnhaus aufzustocken und statt einem Flachdach ein Spitzdach dort zu errichten, ebenso eine Doppelgarage. Streit entstand über die Frage der Bindungswirkung dieser getroffenen Vereinbarungen zu Lasten eines Rechtsnachfolgers.
  2. Der Senat kam zum Ergebnis, dass es sich bei der getroffenen Vereinbarung nicht um einen Wohnungseigentümerbeschluss (mit Bindungswirkung), sondern lediglich um eine schuldrechtliche Vereinbarung handele, selbst wenn es für die Differenzierung nicht maßgebend auf die äußere Form, sondern auf den inhaltlichen Gegenstand ankomme. Hier handele es sich eindeutig um einen schuldrechtlichen Vertrag, nicht um eine Entscheidung der Wohnungseigentümerversammlung über einen Antrag in Form eines Eigentümerbeschlusses. Damit musste auch nicht mehr über die Frage einer Beschlussgültigkeit und überhaupt bestehender Beschlusskompetenz entschieden werden.

    Vereinbarungen als schuldrechtliche Verträge bedürfen i. Ü. keiner Form. Ohne Eintragung im Grundbuch wirken sie allerdings grds. nur unter den Vereinbarungsbeteiligten. Ein Rechtsnachfolger kann sich auf eine nicht eingetragene Vereinbarung nur berufen, wenn sie zu seinen Gunsten wirkt (vgl. BayObLG v. 10.1.2002, 2Z BR 180/01, ZWE 2002, 268 = NZM 2003, 321). Soweit Verbindlichkeiten einer Regelung des Gemeinschaftsverhältnisses allerdings gegenüber allen Wohnungseigentümern einheitlich beurteilt werden müssen, wird eine Vereinbarung mit einer Sonderrechtsnachfolge grds. hinfällig (vgl. BayObLG, a. a. O.). Im vorliegenden Fall war der Vereinbarung keine generelle Zustimmung zu Baumaßnahmen jeglicher - öffentlich-rechtlich zulässiger - Art zu entnehmen. Gegenstand der Vereinbarung war lediglich, dass evtl. noch zu errichtende Gebäude nach Vorlage eines Plans mit Abgeschlossenheitsbescheinigung Sondereigentum der Beteiligten werden sollten, welche die baulichen Veränderungen vornehmen. Damit ist lediglich eine bestimmte Rechtsfolge konkret beschrieben. Dass darüber hinaus im Vorhinein jegliche bauliche Veränderung ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer zulässig sein und insofern eine - überaus weitgehende - Abänderung der ausdrücklichen Regelung in § 22 Abs. 1 getroffen werden sollte, kann hieraus gerade nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden.

  3. Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist i. Ü. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung grds. nicht erforderlich (h. M.).
 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt/M. v. 1.2.2006, 20 W 291/03OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 01.02.2006, 20 W 291/03

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