I. Die Anordnung des Prozessgerichts

 

Rz. 1113

Das Prozessgericht kann im Rahmen seiner Befugnisse die Sequestration eines Grundstücks anordnen, z.B. nach § 938 Abs. 2 ZPO. Sequestration bedeutet "Verwahrung und Verwaltung".[45] Auch die zum Schutz des Grundpfandrechtes zu ergreifende Maßnahme (§ 1134 Abs. 2 BGB) kann in der Anordnung einer Sequestration oder auch in der Anordnung einer Zwangsverwaltung bestehen.

 

Rz. 1114

Im Grunde sind drei Entscheidungs-Typen denkbar:

Das Prozessgericht legt in seiner Entscheidung den Umfang der Befugnisse des von ihm zu bestellenden Sequesters fest.
Es bestimmt, dass für den (von ihm ausgewählten) Sequester die Vorschriften des ZVG insoweit gelten, als dies für den Sicherungszweck erforderlich ist.
Es ordnet eine "echte" Zwangsverwaltung an.
[45] BGHZ 146, 20.

II. Prozessgericht hat (nur) Sequestration angeordnet

1. Die Befugnisse

 

Rz. 1115

Die Befugnisse des Sequesters ergeben sich aus dem Umfang, den das Prozessgericht festgelegt hat, hilfsweise aus den Umständen, welche zur Anordnung der Sequestration geführt haben, und der deshalb vom Sequester vorzunehmenden Sicherung. Insoweit sind die Grundsätze, welche für eine Verwaltung nach § 25 ZVG gelten, entsprechend anzuwenden.

 

Rz. 1116

Der Sequester steht unter der Aufsicht des Prozessgerichts, welches für diese Aufsicht – soweit es nicht die Anwendung der Vorschriften des ZVG vorgesehen hat – die Grundsätze der Aufsicht des Vormundschaftsgerichts über Pfleger anwenden soll.[46]

[46] Baumbach-Hartmann, § 938 Rn 23.

2. Vergütung und Kosten

 

Rz. 1117

Die Festsetzung der Vergütung erfolgt durch das Prozessgericht, welches hierbei entweder die Grundsätze des Insolvenzrechts[47] oder des ZVG[48] anwenden soll, je nachdem, was ihm jeweils sachgerechter erscheint. Der Beschluss ist gegen den Antragsteller vollstreckbar.[49]

 

Rz. 1118

Ein Anspruch gegen die Staatskasse soll nicht bestehen, auch wenn die Vergütung vom Antragsteller nicht beigetrieben werden kann.[50] Dies wird zunehmend in Frage gestellt. Man wird nicht umhinkommen, den vom Gericht bestellten Sequester auch seitens des Gerichts zu bezahlen, wenn kein Zugriff gegen den Antragsteller möglich ist.

 

Rz. 1119

Weder für das Gericht noch für den Anwalt fallen besondere Gebühren an.

 

Rz. 1120

Die Kosten der eigentlichen Sequestration – also insbesondere die Vergütung des Sequesters – sind keine Vollstreckungskosten, können also nicht gemäß § 788 ZPO titellos vollstreckt werden. Soweit der Schuldner hierfür haftet, muss zur Vollstreckung ein prozessgerichtliches Erkenntnis beschafft werden. Lediglich die Kosten des Gerichtsvollziehers, welcher dem Sequester den Besitz des Grundstücks verschafft, sind Vollstreckungskosten.

[48] Nach Zöller-Vollkommer, § 938 Rn 10, regelmäßig die Grundsätze des ZVG.
[49] Baumbach-Hartmann, § 938 Rn 24; so auch OLG Celle Rpfleger 1969, 216.
[50] Zöller-Vollkommer, § 938 Rn 10.

III. Prozessgericht hat "echte" Zwangsverwaltung angeordnet

1. Verfahren

 

Rz. 1121

Eine solche Anordnung wird nur selten in Betracht kommen; möglicherweise bei einer Sicherung nach § 1134 Abs. 2 BGB. In diesem Fall wird sich das Prozessgericht darauf beschränken, nur die Zwangsverwaltung anzuordnen und alles Weitere dem Vollstreckungsgericht zu überlassen. Diese Anordnung ist ähnlich zu sehen wie ein vollstreckbarer Titel. Das Vollstreckungsgericht ordnet die Zwangsverwaltung (als Vollzugsbeschluss) an und bestellt den Verwalter. Im Übrigen gelten die Grundsätze des ZVG, soweit sie mit dem Verfahrenszweck zu vereinbaren sind.

2. Erträge und Vorschüsse

 

Rz. 1122

Der Verwalter muss – wie bei einer normalen Zwangsverwaltung üblich – alle Erträge einziehen und hieraus zunächst die "Aufwendungen", die öffentlichen Lasten und die wiederkehrenden Leistungen der Grundpfandrechte bestreiten. Hierzu muss das Gericht einen Teilungsplan aufstellen.

Eine Befriedigung des Antragstellers ist aber nicht vorgesehen. Somit stehen Überschüsse dem Schuldner zu.

 

Rz. 1123

Reichen die Einnahmen nicht aus, die "Aufwendungen" zu bestreiten, ist der Antragsteller zur Vorschusszahlung verpflichtet. Allerdings kann das Vollstreckungsgericht das Verfahren nicht mangels Vorschusszahlung aufheben, dies obliegt dem Prozessgericht.

3. Aufhebung

 

Rz. 1124

Die Zwangsverwaltung kann nur aufgehoben werden, wenn die prozessgerichtliche Entscheidung wegfällt. Auch diese Aufhebung ist "Vollzugsbeschluss".

4. Vergütung und Kosten

 

Rz. 1125

Die Vergütung des Verwalters wird vom Vollstreckungsgericht festgesetzt. Für die Anordnung fallen keine besonderen Gerichtsgebühren an.

Die Durchführung der Verwaltung ist jedoch normal gebührenpflichtig. Somit fällt die Gebühr Nr. 2221 KVGKG als Gerichtsgebühr an. Der Anwalt erhält die Verfahrensgebühr (siehe § 1 Rn 324 f.).

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