Rz. 577

Die Unentgeltlichkeit bezieht sich nur auf die Nutzung der Räume (kalt), nicht aber auf die Betriebskosten (Wasser, Strom, Gas, Heizung etc.). Diese hat der Schuldner an den Verwalter zu zahlen, soweit nicht direkte Zahlung des Schuldners an den Versorger anderweitig gewährleistet ist. Sind auch Räume vermietet, hat der Verwalter durch geeignete Vereinbarungen oder Maßnahmen (Zwischenzähler, soweit technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll) dafür Sorge zu tragen, dass der Schuldner die anteiligen Kosten zahlt. Anderenfalls muss Abrechnung nach dem Maßstab erfolgen, welcher für die vermieteten Räume aufgestellt wurde, notfalls nach den allgemeinen Regeln.

 

Rz. 578

Bisher war allgemeine Meinung, dass der Schuldner auf die Nebenkosten Abschläge in ortsüblicher Höhe zu zahlen habe. Nunmehr hat das LG Duisburg[41] die Auffassung vertreten, für dieses Verlangen fehle es an einer Rechtsgrundlage. Nach Ansicht Serwe ist eine solche durchaus vorhanden und die Entscheidung beruhe "allein in der Ergebnisorientiertheit des Spruchkörpers". Leider hat der BGH – dann wohl auch "ergebnisorientiert" - in den Gründen einer anderen Entscheidung bereits angedeutet, wie er zur gegebenen Zeit diese Frage entscheiden wird: "Es bestehen bereits nachhaltige Bedenken, ob der Zwangsverwalter berechtigt ist, von der Schuldnerin einen monatlichen Vorschuss auf die Nebenkosten zu verlangen."[42] Es ist daher zu erwarten, dass künftig gut beratene Schuldner diese Zahlung verweigern werden.

 

Rz. 579

Dessen ungeachtet sollte mit Rücksicht auf die Entscheidung des BVerfG (siehe § 2 Rn 587) jedoch der Zwangsverwalter nach wie vor solche Abschläge anfordern und deren beharrliche Verweigerung – gegebenenfalls auch die Weigerung, hierfür Sozialhilfe zu beantragen – zum Anlass eines Antrags nach § 149 Abs. 2 ZVG nehmen und sich hierbei ausdrücklich auf die Entscheidung des BVerfG beziehen.[43] Das Gericht wird bei seiner Sachprüfung und Entscheidung und deren Begründung auf die geforderten Voraussetzungen (siehe § 2 Rn 587) besonders sorgfältig zu achten haben.

Es sollte erwogen werden,[44] eine restriktive Entscheidung des BGH mit Verfassungsbeschwerde anzufechten, wenn die im Folgenden genannten Voraussetzungen (siehe § 2 Rn 587) tatsächlich vorgelegen haben.

 

Rz. 580

Ob die Nichtzahlung von Nebenkosten überhaupt noch als "Gefährdung der Zwangsverwaltung i.S.d. § 149 Abs. 2 ZVG" angesehen werden kann, wird sicher noch die Gerichte beschäftigen. Allerdings ist die oben zitierte Entscheidung (siehe § 2 Rn 578) für einen speziell gelagerten Fall ergangen und kann nicht ohne Weiteres verallgemeinert werden, da dort offensichtlich andere Erwägungen als die Beitreibung einer Forderung zur Anordnung der Zwangsverwaltung führten. Es wäre auch zynisch und des Gerichts unwürdig, einem vollstreckenden Gläubiger entgegenzuhalten, seine Vollstreckungsmaßnahme sei ja nicht gefährdet, nur eben teurer, wenn er statt Geld zu bekommen zunächst einmal die Schulden seines Schuldners begleiche.

Die Verfasser gehen davon aus, dass grundsätzlich die Nichtzahlung der Nebenkosten weiterhin eine Gefährdung der Zwangsverwaltung darstellt,[45] wenn der Schuldner diese zahlen könnte oder aber bei der Sozialbehörde[46] hierfür Leistungen beantragen könnte.

 

Rz. 581

Bezüglich der Frage der verbrauchsabhängigen Nebenkosten liegt es nach der hier vertretenen Auffassung nahe, die "Schuldnerwohnung" ebenso zu behandeln wie ein dingliches Wohnungsrecht, welches der Zwangsverwalter dulden muss. Dort ist aber anerkannt,[47] dass der Inhaber diese Kosten tragen muss, auch wenn er keine Nutzungsentschädigung schuldet. Er muss sogar die nicht verbrauchsabhängigen Anteile für die Heizungsanlage auch dann tragen,[48] wenn er die Wohnung nicht nutzt. Umso mehr wenn er sie nutzt. Soweit die Vollstreckung eines Urteils sinnvoll erscheint, könnte der Zwangsverwalter diese Forderung einklagen. Weigert sich der Schuldner zu zahlen, könnte die Voraussetzung für eine Klage auf zukünftige Leistung (§ 259 ZPO) vorliegen.[49]

 

Rz. 582

Solange der BGH nicht definitiv entschieden hat, dass der Schuldner für die Schuldnerwohnung keine Nebenkosten zahlen muss oder zumindest, dass auch das schuldhafte Unterbleiben dieser Zahlung keine Gefährdung nach § 149 Abs. 2 ZVG darstellt, sollte der Zwangsverwalter wie folgt agieren:

Den Schuldner, der die Nebenkosten nicht aufbringen kann, dazu bewegen, einen Antrag bei der Sozialbehörde zu stellen. Wenn man dort vorbringt, dass sonst evtl. das unentgeltliche Wohnrecht in Gefahr ist und dann eine Unterbringungs-Pflicht auf die Sozialbehörde zukommt, hat das Verlangen wohl Aussicht auf Erfolg. Und vielleicht kann man sogar vereinbaren, dass monatlich direkt an den Verwalter gezahlt wird.
Gegen einen böswilligen Schuldner (der also entweder zahlen könnte oder den Antrag nicht stellen will) wie bisher beim Vollstreckungsgericht Antrag auf Räumung zu stellen (siehe dazu § 2 Rn 579).
[41] Rpfleger 2008, 323 m. abl. Anm. Serwe.
[43] Die E...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge