Rz. 32

Ausnahmsweise und unter besonderen Voraussetzungen kann die Zwangsverwaltung auch gegen einen "Eigenbesitzer"[44] angeordnet werden (§ 147 ZVG), der also das Grundstück i.S.d. § 872 BGB "als ihm gehörend" besitzt und die tatsächliche Gewalt wie ein Eigentümer ausübt, ohne schon Eigentümer zu sein. In Betracht kommt ein Käufer, welchem laut Kaufvertrag bereits der Besitz übertragen wurde, dessen Eintragung als Eigentümer sich aber verzögert, weil z.B. die Vermessung noch nicht erfolgt ist oder behördliche Genehmigungen fehlen. Unerheblich ist, ob bereits die Auflassung erklärt wurde. Weiter wäre an einen Erben zu denken, der als solcher das Grundstück in Besitz genommen hat, aber sein Erbrecht noch nicht nachweisen kann.

 

Rz. 33

Die Anordnung darf nur aus einem im Grundbuch eingetragenen Recht, also einem Grundpfandrecht oder einer Reallast, erfolgen. Aus Ansprüchen der Rangklassen 1 bis 3 (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ZVG) kann die Zwangsverwaltung gegen den Eigenbesitzer nicht angeordnet werden,[45] obwohl diese Ansprüche sonst wie dingliche Rechte behandelt werden. Dies verhindert die Vollstreckung wegen Hausgeldes gegen den noch eingetragenen bisherigen Eigentümer, wenn der künftige Wohnungseigentümer (Auflassungsvormerkung) bereits im Besitz der Eigentumswohnung ist. Der BGH[46] sieht Letzteren als Schuldner des Hausgeldes, so dass ein Titel gegen diesen erforderlich wäre, der aber nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG vollstreckt[47] werden kann.

 

Rz. 34

Erforderlich ist ein "dinglicher Titel" (siehe § 1 Rn 14).[48] Hat der Gläubiger bereits einen Titel gegen den Eigentümer, kommt eine Umschreibung[49] der Vollstreckungsklausel nach § 727 ZPO in Betracht. Hierbei ist der Eigenbesitz durch öffentliche bzw. öffentlich beglaubigte Urkunden (z.B. Kaufvertrag) nachzuweisen, wenn er nicht beim Gericht offenkundig ist. Eine Zustellung der Klausel und der Urkunden (§ 750 ZPO) ist erforderlich.

 

Rz. 35

Hat der Gläubiger des eingetragenen Rechtes noch keinen Titel (Grundpfandrecht ohne Unterwerfungsklausel, Reallast), ist eine Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich. Nach der hier vertretenen Auffassung kann auch der Berechtigte einer Zwangshypothek (mit einem Titel gegen den Eigentümer eingetragen!) grundsätzlich die Zwangsverwaltung gegen den Eigenbesitzer verlangen, allerdings kann er seinen persönlichen Titel nicht gegen diesen umschreiben lassen. Er ist auf eine Duldungsklage angewiesen.

 

Rz. 36

Neben dem Duldungstitel gegen den Eigenbesitzer ist bei Antragstellung der Eigenbesitz durch (auch private) Urkunden glaubhaft zu machen, wenn er nicht beim Gericht offenkundig ist (§ 147 Abs. 2 ZVG). Nach der hier vertretenen Auffassung ist der Eigenbesitzer "Schuldner" i.S.d. § 149 ZVG.

[44] Sehr ausführlich hierzu Eickmann, § 37.II.1.
[45] BGH Rpfleger 2010, 37; ZfIR 2009, 829; IGZInfo 2010, 18.
[46] Rpfleger 2012,641; IGZInfo 2012,139.
[47] Ob eine Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung und anschließende dingliche Vollstreckung möglich ist, konnte der BGH offen lassen. So aber LG Berlin ZfIR 2011, 765 (Leitsatz).
[48] Besteht nur ein persönlicher Anspruch, könnte evtl. eine Pfändung den Zugriff ermöglichen. Dazu Eickmann, § 37.II.Ic.
[49] Auch das ist eine titelerweiternde Klausel.

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