Eignungsbeurteilungen dienen der Beantwortung der Frage, ob die vorhandenen physischen und psychischen Fähigkeiten und Potenziale der Beschäftigten erwarten lassen, dass die während der Beschäftigung zu erledigenden Tätigkeiten ohne relevante Gefahren für Sicherheit und Gesundheit des oder der Beschäftigten oder Dritter von ihnen ausgeübt werden können.

Für die Durchführung einer ärztlichen Eignungsbeurteilung, insbesondere dann, wenn sie auch eine Untersuchung beinhalten soll, besteht nicht in allen Fällen eine rechtlich normierte Mindestqualifikation, wie sie z. B. § 7 ArbMedVV für die arbeitsmedizinische Vorsorge oder §§ 11 Abs. 2 Nr. 1–5, 65 FeV für die Fahreignung vorsehen. Aufgrund der Zusammenhänge zwischen arbeitsbezogenen Gesundheitsgefahren und der individuellen gesundheitlichen Konstitution der Versicherten empfiehlt es sich jedoch, Betriebsärztinnen und Betriebsärzte, die mit den Arbeitsplätzen vertraut sind, mit dieser Aufgabe zu betrauen.

Soweit die Eignung nicht auf andere Weise festgestellt werden kann, beinhaltet eine Eignungsbeurteilung in der Regel eine medizinische oder klinische Untersuchung.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin für die Durchführung von Eignungsbeurteilungen grundsätzlich einen Arzt oder eine Ärztin seines Vertrauens bestimmen. Macht der oder die Beschäftigte begründete Bedenken etwa gegen die Fachkunde oder Unvoreingenommenheit des Arztes oder der Ärztin geltend, kann der Arbeitgebende nach billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 BGB) verpflichtet sein, einen anderen Arzt oder eine andere Ärztin mit der Begutachtung zu beauftragen (vgl. BAG, Urteil vom 27.09.2012 – 2 AZR 811/11). Bei der Ausübung billigen Ermessens müssen die beiderseitigen Interessen objektiv gegeneinander abgewogen werden.

Auch Eignungsbeurteilungen dürfen nur durchgeführt werden, wenn die betroffenen Beschäftigten in die ggfs. erforderliche Untersuchung einwilligen und sie hierdurch nicht unangemessen benachteiligt werden (§ 307 BGB, siehe Kapitel 3). Unter der Voraussetzung der Verhältnismäßigkeit (siehe Kapitel 3) kann sich für Beschäftigte eine Pflicht zum Nachweis ihrer Eignung aus unterschiedlichen Rechtsgrundlagen ergeben. Ist diese Pflicht rechtlich wirksam, kann ein Verstoß gegen die Pflicht zur Mitwirkung an einer Eignungsbeurteilung für Beschäftigte zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen (BAG Urteil vom 27.09.2012 – 2 AZR 811/11; Beckschulze, "Rechtsfolgen bei verweigerten arbeitsmedizinischen Untersuchungen" in ARP 2021, 248 ff mit weiteren Nachweisen).

Eignungsbeurteilungen können unterteilt werden in Untersuchungen vor Einstellung und Untersuchungen während des laufenden Beschäftigungsverhältnisses. Eignungsbeurteilungen werden auf Veranlassung des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin durchgeführt. Sie dienen vorrangig den Interessen der Arbeitgebenden im Zusammenhang mit der Stellenbesetzung. In Bereichen mit besonderen Gefahren können sie dem Schutz anderer Beschäftigter bzw. Dritter und zur Verhütung von Arbeitsunfällen dienen, insbesondere falls eine Gefährdung anderer Personen nicht anders, z. B. durch effektive technische oder organisatorische Maßnahmen, vermieden werden kann. Bei Eignungsbeurteilungen festgestellte Eignungsmängel können dazu führen, dass die betroffenen Beschäftigten nicht weiter in ihrer angestammten Tätigkeit arbeiten können.

Aus § 7 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" ergibt sich, dass der Unternehmer bzw. die Unternehmerin Beschäftigte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht betrauen darf. Die Formulierung "erkennbar nicht in der Lage…" bezieht sich dabei jedoch in erster Linie auf die unmittelbare Beobachtung des Unternehmers oder der Unternehmerin bzw. der mit der Leitung der Tätigkeiten beauftragten Person. Nach § 7 Abs. 1 DGUV Vorschrift 1 (Befähigung für Tätigkeiten) hat der Unternehmer bzw. die Unternehmerin zudem bei der Übertragung von Aufgaben auf Versicherte je nach Art der Tätigkeiten zu berücksichtigen, ob die Versicherten befähigt sind, die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Aufgabenerfüllung zu beachtenden Bestimmungen einzuhalten. Hierfür können – je nach Tätigkeit z. B. ein ausreichendes Hör- oder Sehvermögen Voraussetzung sein. Ein Aspekt der Befähigung i. S. d. § 7 ArbSchG ist daher grundsätzlich auch die gesundheitliche Eignung der Beschäftigten.

Die allgemeinen Anforderungen des § 7 DGUV Vorschrift 1 als solche stellen keine Rechtsgrundlage für Eignungsbeurteilungen, sondern lediglich Eignungsvorbehalte dar (siehe Kapitel 2.1.1). Auch spezielle Unfallverhütungsvorschriften können Eignungsvorbehalte enthalten.

In Abgrenzung dazu sieht § 6 Abs. 1 DGUV Vorschrift 49 "Feuerwehren" vor, dass die Unternehmerin oder der Unternehmer Feuerwehrangehörige nur für Tätigkeiten einsetzen darf, für die sie körperlich und geistig geeignet sowie fachlich befähigt sind. Für Tätigkeiten, die besondere A...

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