Rz. 44

Gelingt es den Ehegatten nicht, eine einvernehmliche Vereinbarung zu treffen, ist im Rahmen einer streitigen Auseinandersetzung nach §§ 1475 ff. BGB vorzugehen.

 

Empfehlung:

Nach der Beendigung der Gütergemeinschaft sollte zur Sachverhaltsaufklärung ein Vermögensverzeichnis erstellt werden. Während der Liquidationsphase haben die Ehegatten wechselseitige Auskunfts- und Mitwirkungsansprüche. Sofern die Vermögensverhältnisse für einen Ehegatten unbekannt sind, kann im Wege eines Auskunftsantrages vorgegangen werden.

7.2.1 Berichtigung der Gesamtgutsverbindlichkeiten

 

Rz. 45

In einem ersten Schritt müssen die Ehegatten zunächst gemäß § 1475 Abs. 1 Satz 1 BGB die Gesamtgutsverbindlichkeiten berichtigen. Unter Gesamtgutsverbindlichkeiten sind dabei Schulden der Ehegatten oder eines Ehegatten zu verstehen, deretwegen der Gläubiger Befriedigung aus dem Gesamtgut verlangen kann. Auch etwaige Ansprüche eines Ehegatten gegen das Gesamtgut gehören zu den vorweg zu berichtigenden Gesamtgutsverbindlichkeiten. Abzustellen ist auf den Schuldenstand bei Rechtskraft der Scheidung, da während der Liquidationsphase grundsätzlich keine Schulden mehr entstehen können. Unter der Begrifflichkeit der "Berichtigung" ist die Tilgung der Schulden zu verstehen. Die Tilgung der Schulden erfolgt in der Regel durch Zahlung, kann aber auch etwa durch Hinterlegung, Aufrechnung oder Erlass erfolgen. Gemäß § 1475 Abs. 1 Satz 2 BGB sind für noch nicht fällige oder streitige Verbindlichkeiten Rücklagen zu bilden. Bezüglich dieser Rücklagen verbleibt es bei der gemeinsamen Verwaltung bis zur Auszahlung.

 

Rz. 46

Um die Schulden zu tilgen, ist das Gesamtgut in Geld umzusetzen. Bei beweglichen Sachen geschieht dies durch Verkauf. Die Verwertung des Gesamtgutes muss insoweit verfolgen, wie es zur Tilgung der Verbindlichkeiten Dritten gegenüber oder zur Verrechnung der Ersatzansprüche nach § 1476 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlich ist. Ist eine Verständigung über die Verwertung des Gesamtgutes nicht möglich, kann die Mitwirkung des jeweils anderen Ehegatten am Verkauf eingeklagt werden. Bei Immobilien kann jeder Ehegatte die Teilungsversteigerung nach § 180 Abs. 1 ZVG beantragen, wenn eine Einigung über die Veräußerung nicht zustande kommt. Es besteht auch die Möglichkeit, dass ein Ehegatte die Schulden als Alleinschuldner übernimmt und der andere Ehegatte aus der Schuldhaft entlassen wird.[1] Diese Vorgehensweise bietet sich insbesondere dann an, wenn ein Ehegatte ein mit Schulden belastetes Grundstück übernehmen möchte.

 

Rz. 47

Reicht das Gesamtgut nicht zur Tilgung aller Schulden aus, haftet derjenige Ehegatte für die noch nicht getilgten Verbindlichkeiten persönlich, in dessen Person die Verbindlichkeit begründet wurde, es sei denn, die Ehegatten haften bei gemeinsamer Verwaltung gemäß § 1459 BGB gemeinschaftlich.

[1] BGH, Urteil v. 10.7.1985, IV b ZR 37/84, FamRZ 1986, 40.

7.2.2 Verteilung des Überschusses

 

Rz. 48

Verbleibt nach der Tilgung der Gesamtgutsverbindlichkeiten ein Überschuss, ist dieser zu verteilen. Gemäß § 1477 Abs. 1 BGB wird der Überschuss nach den Vorschriften über die Gemeinschaft geteilt, was vorrangig durch Teilung in Natur gemäß § 752 BGB erfolgt. Die Teilung nach § 752 BGB ist dabei auf den einzelnen Vermögensgegenstand bezogen, nicht etwa auf den Sachenbegriff eines Gesamthandsvermögens, wie ihn das Gesamtgut der Gütergemeinschaft darstellt.[1] Können die Ehegatten keine Verteilung des überschüssigen Gesamtgutes erzielen, hat also der Verkauf oder die Versteigerung der einzelnen Gegenstände zu erfolgen.

 

Rz. 49

Das Gesetz sieht von der Verteilung des Überschusses nach Gemeinschaftsrecht zwei Ausnahmen vor. Zum einen handelt es sich hierbei um das Übernahmerecht nach § 1477 Abs. 2 BGB. Zum anderen existieren Ersatzansprüche nach § 1478 BGB.

[1] BGH, Urteil v. 13.4.1988, IV b ZR 48/87, FamRZ 1988, 813.

7.2.2.1 Das Übernahmerecht nach § 1477 Abs. 2 BGB

 

Rz. 50

Gemäß § 1477 Abs. 2 Satz 1 BGB kann jeder Ehegatte gegen Ersatz des Wertes die Sachen übernehmen, die ausschließlich zu seinem persönlichen Gebrauch bestimmt sind, insbesondere Kleider, Schmucksachen und Arbeitsgeräte. Das Gleiche gilt nach Satz 2 dieser Vorschrift für die Gegenstände, die ein Ehegatte in die Gütergemeinschaft eingebracht oder während der Gütergemeinschaft durch Erbfolge, durch Vermächtnis oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erworben hat.

 

Rz. 51

Das Übernahmerecht ist ein Gestaltungsrecht, das durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem anderen Ehegatten ausgeübt wird. Die Erklärung ist selbst dann nicht formbedürftig, wenn der rechtsgeschäftliche Erwerb des zu übernehmenden Gegenstandes selbst formbedürftig wäre.[1] Die Übernahmeerklärung ist nach deren Zugang nicht einseitig widerruflich. Die Übernahme kann so lange verlangt werden, wie sich der entsprechende Gegenstand im Gesamtgut befindet und die Auseinandersetzung nicht abgeschlossen ist. Die Übernahmeerklärung selbst bewirkt zunächst, dass der Erklärungsempfänger zur Übertragung des Gegenstandes aus dem Gesamtgut verpflichtet wird und im Gegenzug der Erklärende zum Werter...

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