Rz. 89

Die maßgebliche Bestimmung zum Endvermögen findet sich in § 1375 BGB. Nach dieser Vorschrift wird in das Endvermögen definiert als das Vermögen, welches einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstandes gehört. Das Endvermögen stellt ebenso wie das Anfangsvermögen eine reine Rechengröße dar. Da der Vermögensbegriff identisch ist mit demjenigen für die Ermittlung des Anfangsvermögens, wird insoweit auf die dortigen Ausführungen verwiesen.[1] Seit der Reform sind – wie auch im Rahmen des Anfangsvermögens – Verbindlichkeiten über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen, weshalb auch das Endvermögen negativ sein kann.

 

Rz. 90

Stichtag für die Berechnung des Endvermögens ist grundsätzlich der Tag der Beendigung des Güterstandes (§§ 1375 Abs. 1, 1376 Abs. 2 BGB). Für den häufigsten Fall der Auflösung des Güterstandes durch Ehescheidung bestimmt § 1384 BGB hingegen, dass für die Berechnung des Zugewinns nicht der Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes, sondern der der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages maßgebend ist. Die Rechtshängigkeit tritt gemäß §§ 111 Nr. 1, 113 Abs. 1 FamFG, § 253 Abs. 1 ZPO mit der Zustellung der Antragsschrift ein. Selbst wenn das Scheidungsverfahren längere Zeit ruht, ändert dies nichts an dem genannten Stichtag[2]; dies gilt selbst dann, wenn die Eheleute zwischenzeitlich wieder zusammen gelebt haben und das Verfahren in Vergessenheit geraten ist[3]. Korrekturen sollen unter Billigkeitsgesichtspunkten aber möglich sein. Wenn beide Ehegatten einen Scheidungsantrag gestellt haben, ist auf den Zeitpunkt der ersten Zustellung des Antrages abzustellen.

 

Rz. 91

§ 1375 BGB ist grds. disponibel, sodass die Ehegatten das Endvermögen bzw. die Berechnung des Endvermögens durch formgebundenen Ehevertrag (§§ 1408, 1410 BGB) abweichend von der gesetzlichen Regelung bestimmen können. So kann beispielsweise notariell vereinbart werden, dass gewisse Vermögensgegenstände keinen Eingang in die Zugewinnausgleichsberechnung finden sollen.[4]

[1] Vgl. Rn. 62.
[2] BGH, Urteil v. 15.10.1981, IX ZR 85/80, FamRZ 1983, 350.
[3] OLG Brandenburg, Beschluss v. 18.2.2021, 9 UF 168/20.
[4] Vgl. Rn. 19.

3.3.1 Hinzurechnungen nach § 1375 Abs. 2 BGB

 

Rz. 92

Zum Schutz vor Manipulationen des Endvermögens dient der § 1375 Abs. 2 BGB. Vermindert ein Ehegatte sein Vermögen durch eine der in § 1375 Abs. 2 Nr. 1–3 BGB genannten Handlungen, wird ihm derjenige Betrag zu seinem Endvermögen (fiktiv) hinzugerechnet, um welchen das Endvermögen wegen dieser illoyalen Vermögensminderungen verringert wurde. Eine Hinzurechnung nach § 1375 Abs. 2 BGB kommt in Betracht, wenn ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands

  • unentgeltliche Zuwendungen gemacht hat, durch die er nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen hat (Nr. 1),
  • Vermögen verschwendet hat (Nr. 2) oder
  • Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen (Nr. 3).
 

Rz. 93

Diese Aufzählung ist nach allgemeiner Auffassung abschließend[1], sodass eine Ausweitung auf andere Fälle nicht möglich ist.

 

Rz. 94

Zu beachten ist § 1375 Abs. 3 BGB, wonach der Betrag der Vermögensminderung dem Endvermögen nicht hinzugerechnet wird, wenn diese mindestens zehn Jahre nach Beendigung des Güterstands eingetreten ist oder wenn der andere Ehegatte mit der Vermögensminderung einverstanden war.

[1] OLG Karlsruhe, Urteil v. 17.10.1985, 2 UF 129/84, FamRZ 1986, 167; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 10.12.2002, 16 UF 186/02, FamRZ 2004, 461.

3.3.1.1 Unentgeltliche Zuwendungen

 

Rz. 95

Unentgeltlich sind die Zuwendungen grds. dann, wenn sie ohne Gegenleistung erfolgt sind. Darunter fallen Schenkungen, Ausstattungen, Vermögensübertragungen unter Vorwegnahme der Erbfolge, Spenden und Stiftungen.[1] Liegt eine gemischte Schenkung vor, die zu vermuten ist, wenn ein grobes Missverhältnis zwischen Zuwendung und Gegenleistung vorliegt, ist der die Gegenleistung überschießende Wert der Zuwendung dem Endvermögen hinzuzurechnen.

 

Rz. 96

Die Zurechnung unentgeltlicher Zuwendung hat weiter zur Voraussetzung, dass diese nicht einer "sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht" entsprochen hat. Ein Schenker hat dann einer sittlichen Pflicht entsprochen, wenn die Pflicht aus den konkreten Umständen des Falles erwachsen ist und in den Geboten der Sittlichkeit wurzelt, wobei das Vermögen und die Lebenssituation der Beteiligten sowie ihre persönlichen Beziehungen untereinander zu berücksichtigen sind.[2] Eine Zuwendung entspricht regelmäßig dann einer sittlichen Pflicht, wenn in einem angemessenen Rahmen gemeinsame Kinder oder bedürftige Verwandte unterstützt werden. Sofern Vermögensgegenstände unentgeltlich auf die Kinder übertragen werden, kann dies einer sittlichen Pflicht entsprechen mit der Folge, dass eine Hinzurechnung nach § 1375 Abs. 2 Nr. 1 BGB unterbleibt, wenn durch die Zuwendung das Familienvermögen erhalten bleiben soll.[3]

Einseitige Schenkungen eines Ehegatten zugunsten der gemeinsamen Kinder muss der andere nicht zur Hälfte über den Zugewinnausgleich mittra...

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