Die Stellung des Erben und des Vermächtnisnehmers schließen einander nicht aus. Vielmehr kann der Erblasser Erbeinsetzung und Vermächtnisanordnung kombinieren, um etwa einzelne Miterben zu bevorzugen, indem er zu deren Gunsten ein Vorausvermächtnis gem. § 2150 BGB anordnet, oder aber um Erben zu benachteiligen, indem er ihnen mit dem Vermächtnis zugunsten Dritter potenzielles Vermögen entzieht.

Selbst die Einsetzung eines Alleinerben oder alleinigen Vorerben zum Vemächtnisnehmer ist möglich und verschafft diesem z. B. den Vorteil, dass das Vermächtnis nicht von der Testamentsvollstreckung bzw. der Nacherbfolge und den damit verbundenen Beschränkungen erfasst wird.

Als Anwendungsfälle kommen beispielsweise auch jüngere Kinder in Betracht, deren absehbar erhöhter Finanzbedarf für die anstehende Berufsausbildung bevorzugt abgedeckt werden soll.[1] Ferner kann der Erblasser einem Abkömmling, der als Unternehmensnachfolger vorgesehen ist, den Wert des Unternehmens, soweit dieser den Wert des Erbteils übersteigt, als Vorausvermächtnis zuwenden um zu vermeiden, dass der Erbe bei einer qualifizierten gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklausel den anderen Miterben einen Wertausgleich für den bevorzugten Erhalt des Unternehmens leisten muss.[2] Ebenso können Vorausvermächtnisse auch zugunsten der nicht am Unternehmen beteiligten Erben angeordnet werden sowie auch ein GmbH-Anteil gezielt dem ausersehenen Nachfolger vermacht werden. Um sicherzustellen, dass die zur Erfüllung erforderliche Abtretung des Anteils an den Bedachten nicht scheitert, sollte der Erblasser schon zu Lebzeiten die Genehmigung der anderen Gesellschafter einholen. Bevorzugt werden kann auch ein überlebender Ehegatte, wenn sich die Eheleute im gemeinschaftlichen Testament für die Trennungslösung entschieden haben, die für den Überlebenden strukturell nachteiliger ist als die Einheitslösung. Schließlich kann das Vorausvermächtnis bei den Fällen der Vor- und Nacherbfolge dazu eingesetzt werden die Nacherbfolge auf bestimmte Gegenstände zu beschränken, die nach Erfüllung des Vorausvermächtnisses übrig bleiben.

 

Formulierungsbeispiel

Vorausvermächtnis im Unternehmertestament

Der Wert der Beteiligung wird … (Anm.: Dem als Nachfolger bestimmten Erben) als Vorausvermächtnis zugewendet, ist also nicht auszugleichen.

[1] Vgl. Formulierungsbeispiel bei Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung, 5. Aufl. 2015, 3. Kapitel Rn. 281.
[2] Vgl. Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung, 5. Aufl. 2015, 7. Kapitel Rn. 19 ff.

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