Eheleute, die ein gemeinschaftliches Testament errichten, können darin nicht für den anderen Ehegatten bindend[1] Testamentsvollstreckung anordnen, denn eine solche Anordnung ist jeweils eine einseitige Erklärung des Ehegatten, auf dessen Tod sie erfolgt und kann folglich von ihm jederzeit gem. §§ 2253 ff. BGB widerrufen werden. Nach dem Tod des zuerst verstorbenen Ehegatten kann der Überlebende von beiden auch nicht erstmals Testamentsvollstreckung auf den eigenen Todesfall anordnen, weil dies die unbeschränkt eingesetzten Schlusserben beeinträchtigen würde. Immerhin kann der überlebende Ehegatte aber einen im gemeinschaftlichen Testament oder Erbvertrag ernannten Testamentsvollstrecker durch testamentarische Verfügung auswechseln, wenn die wechselbezüglich bedachten Schlusserben dadurch nicht beeinträchtigt werden.[2]

Haben die Eheleute in einem gemeinschaftlichen Testament ihre Kinder als Erben eingesetzt und dem überlebenden Ehegatten nur den Nießbrauch am Nachlass oder einzelnen Nachlassgegenständen vermacht, so kann die strukturell eher schwache Stellung des Nießbrauchers gegenüber den Erben verstärkt werden, indem man ihn zum Testamentsvollstrecker ernennt und ihm dadurch umfassende Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse gem. § 2205 BGB verleiht.[3] Wenn mit dem Tod des zuerst versterbenden Ehegatten voraussichtlich eine Erbengemeinschaft entsteht, sollten das Nießbrauchsvermächtnis und die Testamentsvollstreckerernennung ergänzt werden um ein Teilungsverbot gem. § 2044 BGB, um zu verhindern, dass die Erben zum Nachteil des überlebenden Ehegatten die Erbengemeinschaft auseinandersetzen.

 

Formulierungsbeispiel

Ehegatte als Nießbrauchsvermächtnisnehmer und Testamentsvollstrecker

Jeder von uns beiden setzt unsere gemeinschaftlichen, zum Zeitpunkt seines Todes vorhandenen Abkömmlinge einschließlich adoptierter und nichtehelicher Nachkommen zu seinen Erben ein, und zwar unter sich jeweils nach der gesetzlichen Erbfolge.

Jeder von uns vermacht für den Fall des Versterbens vor dem länger Lebenden von uns beiden diesem den lebzeitigen Nießbrauch an seinem ganzen Nachlass. Die Erben können gegen den Willen des länger Lebenden von uns beiden nicht die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen, und zwar auch dann nicht, wenn ein Erbe verstirbt.

Jeder von uns ernennt zudem für den Fall des Versterbens vor dem länger Lebenden von uns beiden diesen zum Testamentsvollstrecker mit den Aufgaben, sich selbst den Nießbrauch am Nachlass zu verschaffen und den Nachlass zu verwalten. Der Testamentsvollstrecker kann unbeschränkt Verbindlichkeiten für den Nachlass eingehen und ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

[1] Wechselseitige Verfügungen sind nur im Rahmen des § 2270 Abs. 3 möglich.
[2] Vgl. OLG Hamm, Beschluss v. 6.11.2000, 15 W 188/00, DNotZ 2001 S. 713.
[3] Vgl. Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung, 5. Aufl. 2015, 5. Kapitel Rn. 222 mit Beispiel "Nießbrauchsvermächtnis für den zweiten Ehegatten".

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge