Gesetzestext

 

(1) Unbebaute Grundstücke sind Grundstücke, auf denen sich keine benutzbaren Gebäude befinden. Die Benutzbarkeit beginnt im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit. Gebäude sind als bezugsfertig anzusehen, wenn den zukünftigen Bewohnern oder sonstigen Benutzern zugemutet werden kann, sie zu benutzen; die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde ist nicht entscheidend.

(2) Befinden sich auf dem Grundstück Gebäude, die auf Dauer keiner Nutzung zugeführt werden können, gilt das Grundstück als unbebaut. Als unbebaut gilt auch ein Grundstück, auf dem infolge von Zerstörung oder Verfall der Gebäude auf Dauer kein benutzbarer Raum mehr vorhanden ist.

Gesetzesbegründung: BR-Drucks 4/08 zu Nr. 14, S. 74, 75.

Verwaltungsanweisung: R B 178 ErbStR 2019 v. 16.12.2019, BStBl I 2019, Sondernummer 1/2019.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

§ 178 BewG bestimmt, wann bewertungsrechtlich ein unbebautes Grundstück vorliegt. Ist nach dieser Vorschrift ein unbebautes Grundstück anzunehmen, sind die darauf befindlichen Bauwerke nicht zu berücksichtigen. Allerdings ist im Einzelfall noch zu prüfen, ob ein Grundstück im Zustand der Bebauung vorliegt (siehe dazu § 196 BewG); im letzteren Fall richtet sich die Bewertung nach dem spezielleren § 196 BewG.

B. Tatbestand

I. Absatz 1

1. Keine benutzbaren Gebäude

 

Rz. 2

Grundsätzlich sind Grundstücke unbebaut, wenn auf dem Grundstück kein benutzbares Gebäude vorhanden ist. Die Benutzbarkeit beginnt mit der Bezugsfertigkeit des Gebäudes. Ein neu errichtetes Bürogebäude ist bezugsfertig, wenn die für das Gebäude wesentlichen Bestandteile (z.B. Außenwände, Fenster, tragende Innenwände, Estrichböden, Dach, Treppenhaus) fertiggestellt sind und zumindest eine Büroeinheit benutzbar ist.[1] Befinden sich am Besteuerungsstichtag (Tod des Erblassers, Ausführung der Schenkung) Bauwerke, die keine benutzbaren Gebäude darstellen, ist das Grundstück nur mit seinem Bodenwert zu bewerten. Nach § 178 Abs. 1 S. 3 BewG sind Gebäude dann als bezugsfertig anzusehen, wenn den zukünftigen Bewohnern oder sonstigen Benutzern zugemutet werden kann, sie zu benutzen; die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde ist nicht entscheidend. Alle wesentlichen Bauarbeiten müssen am Bewertungsstichtag abgeschlossen sein. Sind noch geringfügige Restarbeiten wie z.B. Malerarbeiten durchzuführen, schließt dies die Bezugsfertigkeit nicht aus. Es handelt sich um eine Sachverhaltsfrage im Einzelfall. Ist das Gebäude am Bewertungsstichtag bezogen, begründet dies die widerlegbare Vermutung der Bezugsfertigkeit. Zur Errichtung in Bauabschnitten siehe § 180 BewG Rdn 3.

 

Rz. 3

In der Regel befindet sich auf einem Grundstück auch dann kein benutzbares Gebäude, wenn sich das Gebäude gerade im Zustand der Bebauung befindet. In diesem Fall wird das Grundstück nicht (als unbebautes Grundstück) nur mit seinem Bodenwert, sondern auch mit dem anteiligen Wert des Bauwerks bewertet (§ 196 BewG).

2. Grundstücke mit Gebäuden von untergeordneter Bedeutung

 

Rz. 4

Befinden sich auf dem Grund und Boden benutzbare Gebäude, ist es für die Bewertung ab 2009 nicht mehr relevant, ob es sich um Gebäude mit untergeordneter Bedeutung handelt. Die Grundstücksart als bebautes Grundstück richtet sich nach dem Gebäudetyp. Befindet sich z.B. auf einem sehr großen Grundstück ein kleines Bootshaus (sonstiges bebautes Grundstück), wäre für die Bewertung das Sachwertverfahren anzuwenden. Wegen Anpassung des vorläufigen Sachwerts durch eine Wertzahl wäre der Gesamtgrundstückssachwert nur mit 0,6 bis 0,9 v.H. anzusetzen (§ 191 BewG). Bis 2008 war in diesen Fällen ein unbebautes Grundstück anzunehmen.

II. Absatz 2

 

Rz. 5

In vielen Fällen befinden sich auf den Grundstücken Bauwerke, die auf Dauer keiner Nutzung mehr zugeführt werden können, z.B. Miethäuser, die seit Jahren unbenutzt stehen und in denen Küche und Bad zerstört sind, Betriebsgebäude, Fertigungshallen usw., die aufgrund des Bauzustandes und der technischen Überalterung einfach stehen gelassen worden sind, Ruinen, eingefallene Gebäude usw. Diese Bauwerke werden gewöhnlich nicht berücksichtigt, es liegt ein unbebautes Grundstück vor.

 

Rz. 6

Davon abzugrenzen sind Gebäude, die an sich intakt sind, die aber, aus welchem Grund auch immer, keiner tatsächlichen Nutzung zugeführt werden können, z.B. Bürogebäude, für die sich kein Mieter findet. Hier liegen bebaute Grundstücke vor. Ein Grundstück gilt auch dann als bebautes Grundstück, wenn sich auf dem Grundstück Gebäude befinden, die aufgrund von Umbauarbeiten vorübergehend nicht benutzbar sind. Sofern bereits vorhandene Gebäude am Bewertungsstichtag wegen baulicher Mängel oder fehlender Ausstattungsmerkmale (z.B. Heizung, Wohnungstüren) vorübergehend nicht benutzbar sind, liegt kein unbebautes Grundstück vor. Nicht zu erfassen sind jedoch Gebäude, die infolge Entkernung keine bestimmungsgemäß benutzbaren Räume mehr enthalten, auch wenn dies nur vorübergehend der Fall ist.[2]

 

Rz. 7

Die Entscheidung, ob ein unbebautes Grundstück vorliegt, hängt von den Umständen im Einzelnen ab. Sie wird aufgrund der Erklärung des Steuerpflichtigen, ggf. nach Sachverhaltsermittlungen durch das Finanzamt, im Wert...

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