Gesetzestext

 

Wirtschaftsgüter, die einem Unternehmen dienen, sind, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, mit dem Teilwert anzusetzen. Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Unternehmens im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist davon auszugehen, daß der Erwerber das Unternehmen fortführt.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift beruht auf der Annahme, der Erwerber orientiere sich nicht am Ertrag, sondern an der Substanz eines Unternehmens. Der Substanzwert[1] ergibt sich als Rekonstruktions- oder Wiederbeschaffungswert aller im Unternehmen vorhandenen immateriellen und materiellen Werte und Schulden. Er ist die Summe der Ausgaben, die beim Aufbau eines identischen Unternehmens anfallen. Deshalb ist er nicht mit dem Liquidationswert identisch, der ein Verkaufs- oder Zerschlagungswert ist.[2] Betrachtet man die wirtschaftliche Einheit eines Unternehmens als Substanzeinheit, entspricht ihr Wert der Summe der Werte der einzelnen Wirtschaftsgüter. Deren Werte werden durch ihre funktionelle Zusammenfassung zu einer wirtschaftlichen Einheit beeinflusst (vgl. § 2 BewG Rdn 2). Um die Einzelwerte zu finden, muss man den Gesamtwert aufteilen, der sich jedoch erst berechnen lässt, wenn man die Einzelwerte kennt. Die Bewertung ist daher zirkulär und nur mit Vermutungen zu bewältigen, die sich an allem Möglichen orientieren, nur nicht am Gesamtwert.

[1] Eingehend zur Substanzbewertung Wollny, S. 770 ff.
[2] IDW S 1 i.d.F. 2008, Rn 170.

B. Kommentierung

I. Gegenstand der Bewertung

 

Rz. 2

§ 10 BewG befasst sich nicht mit der Bewertung eines Unternehmens im Ganzen als einer wirtschaftlichen Einheit im Sinne von § 2 BewG. Er regelt vielmehr die Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter, die einem Unternehmen dienen, die ihrerseits wirtschaftliche Einheiten sind.

II. Maßgebender Wert

 

Rz. 3

Soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, werden diese Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert bewertet (§ 10 S. 1 BewG). Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Unternehmens im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, dass der Erwerber das Unternehmen fortführt (§ 10 S. 2 u. 3 BewG).

 

Rz. 4

Der Begriff des Teilwerts findet sich auch in § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG – nahezu wortgleich mit § 10 BewG, mit der einzigen Ausnahme, dass er nicht auf ein Unternehmen bezogen ist, sondern auf einen Betrieb. Dessen ungeachtet ist § 10 BewG hier verdrängt.

 

Rz. 5

Der Teilwert hat für die Bewertungen nach dem BewG keinen Anwendungsbereich mehr. Er wird zwar als Sonderwert des gemeinen Werts angesehen.[3] Maßgebend für alle Vermögensarten des § 18 BewG ist aber der gemeine Wert des § 9 BewG, also das Original. Er ist in § 11 Abs. 2 S. 1 BewG für die Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften vorgegeben, auch für die Bewertung des Vermögens der Kapitalgesellschaft, wenn es nach § 11 Abs. 2 S. 3 BewG auf dessen Substanzwert als Mindestwert ankommt. Nach § 109 Abs. 1 S. 1 BewG in Verbindung mit § 11 Abs. 2 BewG gilt er auch für die Bewertung inländischen Betriebsvermögens, auch hierfür den Substanzwert als Mindestwert (§ 11 Abs. 2 S. 3 BewG), und nach § 31 Abs. 1 S. 1 BewG bei der Bewertung ausländischen Betriebsvermögens allgemein.[4] Ebenso gilt er für die Bewertung des Wirtschaftsteils und des Wohnteils eines land- und forstwirtschaftliche Betriebs (§ 162 Abs. 1 S. 1 BewG; § 167 Abs. 1 BewG – auch wenn dort nur mittelbar über die §§ 182196 BewG auf § 177 BewG verwiesen ist).

[3] Halaczinsky, in: Rössler/Troll, BewG, § 10 Rn 2.
[4] Kreutziger, in: Kreutziger/Schaffner/Stephany, BewG, § 10 Rn 14.

Literaturtipps

Literaturhinweis:

Wollny, Der objektivierte Unternehmenswert, 3. Aufl. 2018.

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