Rz. 212

Wird bei einer Kapitalerhöhung ein Dritter zur Übernahme der neuen Geschäftsanteile zugelassen und übersteigt der Wert dieser neuen Anteile die zu leistende Einlage, ist der Dritte mit Eintragung im Handelsregister auf Kosten der bisherigen Gesellschafter bereichert.[417] Die Einlageleistung kann er als Erwerbsaufwand in Abzug bringen.[418]

 

Rz. 213

Bei unentgeltlichen Leistungen eines Dritten an eine Kapitalgesellschaft ist zu differenzieren, ob es sich um eine Zuwendung an die Gesellschaft selbst oder eine Zuwendung an einen oder mehrere Gesellschafter handelt, die zur Abkürzung des Zahlungswegs unmittelbar an die Gesellschaft erfolgt ist. Maßgebend ist die Willensrichtung des Zuwendenden, die anhand objektiver Kriterien zu ermitteln ist.[419] Im Regelfall geht die Finanzverwaltung dabei davon aus, dass der Wille des Zuwendenden darauf gerichtet ist, natürliche Personen zu bereichern.[420] Dies gilt insbesondere dann, wenn zwischen den begünstigten Gesellschaftern und dem Zuwendenden persönliche Beziehungen bestehen. Damit kommen bei Familiengesellschaften im Zweifel die günstigen Steuerklassen zwischen den sich nahestehenden Gesellschafter und dem Dritten zum Tragen und nicht die Steuerklasse im Verhältnis Kapitalgesellschaft zum Dritten. Handelt es sich bei dem Dritten um einen Geschäftspartner, ist zusätzlich zu prüfen, ob überhaupt eine freigebige Zuwendung vorliegt (vgl. Rdn 11). Nach Ansicht der Finanzverwaltung soll auch eine bloße Werterhöhung bei einem Gesellschafter infolge der Leistung durch den Dritten genügen, während nach den Grundsätzen des BFH auch hier eine Substanzverschiebung erforderlich ist.[421] Der BFH sieht demgegenüber grds. die Kapitalgesellschaft und nicht ihre Gesellschafter als Bedachte an.[422]

 

Rz. 214

Festzuhalten ist vor diesem Hintergrund für die Praxis Folgendes: Will man Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung vermeiden, sollte man sich in der Beratung vorsorglich an der Ansicht der Finanzverwaltung orientieren. In allen anderen Fällen können die Grundsätze der BFH-Urteile zugrunde gelegt werden, wobei sorgfältig darauf zu achten ist, ob der Sachverhalt in der Praxis mit denjenigen des BFH vergleichbar ist.

[417] H 18 Nr. 7 ErbStH a.F.; BFH v. 7.7.2008 – II B 9/07, BFH/NV 2008, 1811: im entschiedenen Fall war der Dritte vor der Anteilsübernahme lediglich mittelbar an der Gesellschaft beteiligt; FG Münster v. 18.10.2007 – 3 K 3325/05 Erb, EFG 2008, 313, Rev. Az. II R 47/07.
[419] R 18 Abs. 4 S. 3 ErbStR a.F.
[420] R 18 Abs. 4 S. 4 ErbStR a.F.
[421] R E 7.5 (11) S. 6 ErbStR 2019. Dazu auch Gebel, DStR 1996, 685.

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