Rz. 12

Bei einem zinslosen Darlehen liegt nach der Rechtsprechung des BFH die Bereicherung in der unentgeltlichen Nutzungsmöglichkeit des Kapitals. Diese bemisst sich nach dem Kapitalwert, der sich aus einem Vielfachen des Jahreswertes der Nutzungen berechnet.[15] Dem steht auch § 498 Abs. 1 S. 2 BGB nicht entgegen, wonach Zinsen nur geschuldet werden, wenn sie vereinbart sind. Die durch die unentgeltliche Nutzung eintretende Bereicherung bestimmt sich im Zweifel mit 5,5 % des einjährigen Betrages der Nutzung, § 15 Abs. 1 BewG.[16] Bei Darlehen mit unbestimmter Laufzeit ergibt sich der Kapitalwert aus dem neunfachen Jahreswert, § 23 Abs. 1 ErbStG, § 13 Abs. 2 BewG.[17] Über § 14 BewG entsprechend können spätere Laufzeitänderungen infolge einer Kündigung (o.Ä.) zu einer teilweisen Steuererstattung führen. Die Kündigung beinhaltet ein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit i.S.v. § 175 S. 1 Nr. 2 AO.[18] Demgegenüber liegt die Bereicherung bei zinslosen Darlehen nach abweichender Literaturmeinung in der Differenz zum abgezinsten Kapitalrückzahlungsanspruch.[19]

 

Rz. 13

Handelt es sich um ein niedrig verzinstes Darlehen, kann die Schenkung in der Differenz des vereinbarten zum üblichen Marktzins bestehen.[20] Ohne weitere Nachweise eines Marktzinses durch den Steuerpflichtigen ist von einem Zinssatz in Höhe von 5,5 % nach § 15 Abs. 1 BewG auszugehen.[21] Unwesentliche Abweichungen des Zinssatzes vom marktüblichen bzw. den 5,5 % führen jedoch nicht zu einer Schenkung. Erst bei einer Verzinsung von weniger als 3 % kann – unter Bezugnahme auf R 109 Abs. 2 ErbStR – eine schenkungsteuerlich relevante niedrige Verzinsung angenommen werden.[22] Dies gilt nicht für eine kurzfristige Stundung, die im konkreten Fall als zwischen fremden Dritten üblich anzusehen ist.[23] Darlehen, die mit einem überhöhten Zins ausgestattet werden, können eine Schenkung an den Darlehensgeber beinhalten, soweit es sich um eine wesentliche Differenz zwischen dem vereinbarten und dem marktüblichen bzw. den gesetzlich vorgesehenen 5,5 % handelt.

 

Rz. 14

Verzichtet der Zuwendende später auf die Darlehensrückzahlung, liegt eine zweite Zuwendung vor, die zusätzlich zu besteuern ist.[24] Bei einem Verzicht auf bereits entstandene Zinsen ist Zuwendungsgegenstand der Verzicht auf diese Zinsen.

 

Rz. 15

Der Verzicht auf eine Forderung mit Besserungsschein für den Fall der Sanierung des Unternehmens beinhaltet für das begünstigte Unternehmen eine Bereicherung. Denn durch den Verzicht erlischt zivilrechtlich die Forderung. Durch den Besserungsschein lebt diese Zahlungsverpflichtung erst wieder auf, wenn sich die finanzielle Situation des Unternehmens bessert. Das Erlöschen der Forderung ist daher im Ergebnis auflösend bedingt i.S.v. § 158 Abs. 2 BGB. Dies genügt für eine Bereicherung.[25] Fraglich ist aber, ob dieser Bereicherung eine entsprechende Entreicherung des Zuwendenden gegenübersteht (dazu siehe unten Rdn 87). Bei einem sog. Rangrücktritt bleibt dagegen die Forderung bestehen, der im Rang zurücktretende Gläubiger wird erst nachrangig gegenüber den übrigen Gläubigern befriedigt. Aufgrund des Fortbestandes der Forderung scheidet daher bereits eine Bereicherung des Bedachten aus. Gleiches gilt für Stillhalteabkommen oder Stundungen, nach denen eine Forderung erst zu einem späteren Zeitpunkt geltend gemacht werden darf. Im Einzelfall kann aber in der zinslosen Stundung eine Bereicherung liegen. Der Ansicht des FG Münster,[26] wonach in der vorläufigen zinslosen Stundung eines noch nicht geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs eine schenkungsteuerpflichtige Bereicherung liegen soll, ist der BFH jedoch nicht gefolgt.[27] Da die Erbschaftsteuerpflicht erst an den geltend gemachten Pflichtteilsanspruch anknüpft, lassen sich die Grundsätze der Rechtsprechung für zinslose Darlehen auf den zu entscheidenden Fall nicht übertragen.[28]

[16] BFH v. 27.11.2013 – II R 25/12, BFH/NV 2014, 537; FG Düsseldorf v. 26.1.2022 – 4 K 272/21 Erb, ErbR 2022, 532, wonach auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken mit Blick auf den Regelzinssatz von 5,5% bestehen, da der Nachweis eines niedrigeren Zinssatzes offensteht.
[19] Viskorf/Schuck, § 7 ErbStG Rn 18; Meincke/Hannes/Holtz, § 7 Rn 50 ff.
[20] R 109 Abs. 2 ErbStR a.F.
[21] BFH v. 15.3.2001 – II B 171/99, BFH/NV 2001, 1122; Bay. StaatsMin. der Finanzen v. 3.2.2000, ErbStK § 7 ErbStG Karte 6a.
[22] Rödl/Seltenreich, § 7 S. 320.

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