Rz. 60

Die Bewertung gem. § 11 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BewG zielt grds. auf die Ableitung des gemeinen Werts der übertragungsgegenständlichen Anteile aus dem Wert des Gesamtunternehmens der Gesellschaft ab (sog. indirekte Methode). Deutlich wird dies z.B. auch an der Struktur des vereinfachten Ertragswertverfahrens nach §§ 199 ff. BewG. Dieselbe Vorgehensweise prägte grds. auch das bis Ende 2008 anzuwendende Stuttgarter Verfahren, bei dem ebenfalls zunächst der gemeine Wert der Kapitalgesellschaft insgesamt ermittelt und in Form eines auf das Nennkapital bezogenen Prozentsatzes ausgedrückt wurde. Dieser Prozentsatz wurde anschließend auf das anteilige Nennkapital des Gesellschafters angewendet, so dass sich der Wert seiner Beteiligung ergab.

 

Rz. 61

Diese Methodik des Stuttgarter Verfahrens ist heute in § 97 Abs. 1b BewG kodifiziert. Demnach ist der gemeine Wert eines Anteils nach dem Verhältnis des Anteils am Nennkapital (Grund- oder Stammkapital) der Gesellschaft zum gemeinen Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft am Bewertungsstichtag zu bestimmen. Von der Gesellschaft gehaltene eigene Anteile mindern das relevante Nennkapital um die Summe der Nennbeträge der eigenen Anteile.[210]

 

Rz. 62

Die Orientierung am Nennkapital gilt gem. § 97 Abs. 1b S. 2 BewG auch dann, wenn dieses noch nicht vollständig eingezahlt ist. Dabei soll es unerheblich sein, ob mit der Einzahlung des Restkapitals noch zu rechnen ist oder nicht.[211] Richtet sich die Beteiligung am Vermögen und am Gewinn der Gesellschaft aber aufgrund einer ausdrücklichen Vereinbarung der Gesellschafter nach der jeweiligen Höhe des eingezahlten Nennkapitals, bezieht sich der gemeine Wert nur auf das tatsächlich eingezahlte Kapital (§ 97 Abs. 1b S. 3 BewG).[212]

Ein im Rahmen des Anteilserwerbs (ggf. auch durch einen Rechtsvorgänger) gezahltes Agio (Aufgeld) bleibt für die Ermittlung des Nennkapitals stets außer Betracht.

 

Rz. 63

Wie ggf. unterschiedliche Ausgestaltungen von Gesellschaftsanteilen (ungleiche Stimm- bzw. Gewinnbezugsrechte, ungleiche Fungibilität) berücksichtigt werden, ist weder gesetzlich noch durch Verwaltungsanweisungen geregelt.[213] Es ist jedoch davon auszugehen, dass insoweit dieselben Grundsätze Anwendung finden sollten wie auch bei Aktien unterschiedlicher Gattungen (vgl. Rdn 21).

 

Rz. 64

§ 11 Abs. 3 BewG ist anzuwenden; allerdings sind im Rahmen der Schätzung des gemeinen Werts nach § 11 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BewG die in § 11 Abs. 3 BewG nicht genannten Wertabschläge möglich, da § 11 Abs. 3 BewG gerade nicht die Aufteilung des Werts der Kapitalgesellschaft auf die einzelnen Anteile betrifft, sondern ausschließlich die (dieser Aufteilung nachgelagerte) Zusammenfassung einzelner Anteile zu einer sog. Beteiligung. Vor diesem Hintergrund ist auch eine etwa gebotene höhere Bewertung aufgrund eines Paketzuschlags nicht im Rahmen der Aufteilung des Unternehmenswerts auf die einzelnen Anteile durchzuführen. Die Anwendung von § 11 Abs. 3 BewG bildet vielmehr einen gesonderten (nachgelagerten) Bewertungsschritt.

 

Rz. 65

Wird das zu bewertenden Unternehmen von einer Personengesellschaft betrieben, richtet sich die Aufteilung nach § 97 Abs. 1 BewG. Wegen weiterer Einzelheiten vgl. § 97 BewG Rdn 21 ff.

[210] R B 97.6 Abs. 1 S. 1 ErbStR 2019.
[211] R B 97.6 Abs. 1 S. 3 ErbStR 2019.
[212] R B 11.7; R B 97.6 Abs. 1 S. 5 ErbStR 2019.
[213] R B 97.6 Abs. 2 ErbStR 2019 regelt lediglich, dass solche Unterschiede im Rahmen der Aufteilung zu berücksichtigen sein können, nicht aber wie.

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