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Eine Haftung der Geldinstitute nach § 20 Abs. 6 ErbStG kommt nicht in Betracht, wenn diese dem inländischen Testamentsvollstrecker Guthaben auszahlen oder Vermögenswerte zur Verfügung stellen. Dasselbe gilt, wenn sie auf Anweisung des inländischen Testamentsvollstreckers unmittelbar Zahlungen in das Ausland oder an die ausländischen Erben oder an sonstige ausländische Berechtigte vornehmen oder ihnen Vermögenswerte zur Verfügung stellen. Dem inländischen Testamentsvollstrecker kann in diesem Zusammenhang der inländische Bevollmächtigte der im Ausland wohnhaften Erben nicht gleichgestellt werden.[127]

Dagegen haftet der Testamentsvollstrecker (ebenso Treuhänder, Nachlassverwalter und -pfleger) bei Vermögentransfers ins Ausland vor Sicherstellung der Erbschaftsteuer. § 20 Abs. 6 S. 2 ErbStG beinhaltet einen selbstständigen Haftungstatbestand, für den im Normalfall nicht § 219 S. 2 AO, sondern § 219 S. 1 AO gilt. Deshalb kann das Finanzamt erst dann gegen den Testamentsvollstrecker vorgehen, wenn eine Vorgehensweise gegen den oder die Erben erfolglos erscheint. Der Haftungstatbestand des Testamentsvollstreckers kann erfüllt sein, wenn er im Rahmen der Erbauseinandersetzung oder Vermächtniserfüllung einem im Ausland ansässigen Berechtigten Vermögen überträgt und damit dem Zugriff des deutschen Fiskus entzieht. Der Testamentsvollstrecker hat für die Zahlung der Steuer zu sorgen. Unbedingter oder bedingter Vorsatz reichen genau wie einfache/leichte Fahrlässigkeit aus. Leichte Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn jemand die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet. Anders als nach § 69 AO bedarf es hier keiner groben Fahrlässigkeit. Die Steuerhaftung des Testamentsvollstreckers umfasst dem Betrag nach nicht nur diejenige Steuer, die auf den aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verbrachten Vermögensgegenstand entfällt, sondern die gesamte Erbschaftsteuer, auch soweit diese auf Personen entfällt, die sich in Deutschland aufhalten.[128] Die Haftung des Testamentsvollstreckers ist ausgeschlossen, wenn der Begünstigte im Zeitpunkt der Auszahlung seinen Zweitwohnsitz im Inland hat.[129]

[128] Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 20 Rn 67; Loose, in: v. Oertzen/Loose, ErbStG, § 20 Rn 35.
[129] FG München v. 26.4.1989 – X 46/84 AO, EFG 1989, 465.

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