Rz. 6

Für die Berechnung der Jahressteuer gesteht die Finanzverwaltung dem begünstigten Empfänger ein Wahlrecht zu, ob er die Steuer im Wege der sog. Aufzehrungsmethode oder der sog. Kürzungsmethode berechnen will.[7] Im Regelfall findet die Aufzehrungsmethode Anwendung, auf Antrag des Begünstigten auch die Kürzungsmethode.[8] Der entscheidende Unterschied zwischen beiden Methoden liegt in der abweichenden Berücksichtigung der persönlichen Freibeträge i.S.d. §§ 16, 17 ErbStG.

a) Aufzehrungsmethode

 

Rz. 7

Bei der Aufzehrungsmethode wird von der Erhebung der Jahressteuer so lange abgesehen, bis die persönlichen Freibeträge durch Verrechnung mit den Jahreswerten aufgezehrt sind. Die Freibeträge sind als erstes von dem Vermögen in Abzug zu bringen, das einer Sofortbesteuerung unterliegt. Lediglich der (Rest-)Freibetrag ist mit den Jahreswerten zu verrechnen. Die vorrangige Verrechnung mit den sofort fälligen Steuern ist für den Steuerpflichtigen günstig, da sich die Freibeträge sofort und nicht erst verzögert über die Jahreswerte der nachfolgenden Jahre auswirken. Wenn das der sofortigen Versteuerung unterfallende übrige Vermögen die Höhe der Freibeträge nicht erreicht, wird der Rest-Freibetrag bei der Jahressteuer berücksichtigt:

 

Beispiel

Erblasser A wendet seinem im Zeitpunkt des Todes 14 Jahre alten Sohn B im Jahr 2009 eine steuerpflichtige lebenslange Leibrente mit einem Jahreswert von 30.000 EUR sowie Barvermögen im Wert von 320.000 EUR zu. B beantragt für die Rente die Jahresversteuerung.

1. Bestimmung Jahreswert

 
laut Sachverhalt: 30.000 EUR

2. Bestimmung Steuersatz

Kapitalwert der Rente

(§ 14 Abs. 1 BewG i.V.m. BMF v. 20.1.2009)[9]

 
30.000 EUR x 18,054 541.620 EUR
zzgl. Barvermögen 320.000 EUR
Wert des Erwerbs 861.620 EUR
abzgl. Freibetrag, § 16 ErbStG 400.000 EUR
abzgl. Freibetrag, § 17 ErbStG  30.700 EUR
steuerpflichtiger Erwerb 430.920 EUR
abgerundet 430.900 EUR

Steuersatz 15 %

Sofortsteuer:

 
Barvermögen 320.000 EUR
abzgl. Freibeträge §§ 16, 17 ErbStG 430.700 EUR
verbleiben – 110.700 EUR
sofort fällige Steuer 0 EUR

3. Berechnung der Jahressteuer

 
15 % von 30.000 EUR 4.500 EUR

Für die ersten drei Jahre (3 x 30.000 EUR) ist die Jahressteuer aufgrund des verbleibenden Freibetrages (110.700 EUR) nicht zu erheben. Im vierten Jahr fällt eine anteilige Jahressteuer an:

 
Jahreswert 30.000 EUR
abzgl. anteiliger Restfreibetrag 20.700 EUR
verbleiben 9.300 EUR
Steuersatz 15 %  
Jahressteuer im 4. Jahr 372 EUR

Ab dem fünften Jahr ist die Jahressteuer in voller Höhe (jeweils 4.500 EUR) zur Zahlung fällig.[10]

[10] Siehe auch ein Berechnungsbeispiel in H E 23 ErbStH 2019.

b) Kürzungsmethode

 

Rz. 8

Bei der Kürzungsmethode führen die verbleibenden persönlichen Freibeträge dagegen anteilig über die gesamte Laufzeit des Rechtes zu einer anteiligen Reduzierung der Steuer auf die Jahreswerte. Wird neben der wiederkehrenden Leistung noch weiteres Vermögen erworben gilt: Zur Ermittlung der Kürzungsquote ist der nach Abzug der Beträge, die der Sofortbesteuerung unterliegen, verbleibende (Rest-)Freibetrag in das Verhältnis zum Kapitalwert des erworbenen Rechtes zu setzen. Formel:

(Verbleibender Freibetrag : Kapitalwert des Rechtes) x 100 = Kürzungsquote in %

 

Beispiel

Übertragen auf den vorgenannten Beispielsfall (siehe Rdn 7) wirkt sich dies wie folgt aus: Die Berechnung nach den Ziffern 1.–2. ist identisch zur Aufzehrungsmethode. Erst bei der Berechnung der Jahressteuer gemäß Ziffer 3 ergeben sich Unterschiede:

3. Berechnung der Jahressteuer

 
15 % von 30.000 EUR 4.500 EUR
verbleibender Freibetrag: 110.700 EUR

Verhältnis Freibetrag zu Kapitalwert:

110.700 EUR : 541.620 EUR X 100 = 20,44 %

 
Kürzung des Jahreswertes: 30.000 EUR
20,44 % von 30.000 EUR =  6.132 EUR
verbleiben 23.869 EUR

Steuersatz 15 %

Jahressteuer auf den verminderten Jahreswert:

 
15 % von 23.869 EUR = 3.580 EUR

Diese Steuer (3.580 EUR) ist ab dem ersten Jahr über die gesamte Laufzeit des Rechtes zu zahlen.

 

Rz. 9

Entsprechend den Freibeträgen ist bei der fiktiven steuerfreien Ausgleichsforderung nach § 5 Abs. 1 ErbStG zu verfahren. Eine Besteuerung findet in diesen Fällen erst statt, wenn auch die fiktive Zugewinnausgleichsforderung verbraucht ist.[11]

 

Rz. 10

Hat der begünstigte Empfänger innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Rechtserwerb bereits Vermögen schenkweise erworben, wird der Rentenerwerb mit diesen Vorerwerben nach § 14 ErbStG zusammengerechnet. Dadurch wirkt sich der Vorerwerb auch auf die Höhe des Steuersatzes für die Berechnung der Jahressteuer nach § 23 Abs. 1 S. 2 ErbStG aus. Nach Ansicht der Finanzverwaltung,[12] die auch nach der Reform zum 1.1.2009 weiterhin Gültigkeit beansprucht, wird der Steuersatz nicht unmittelbar aus der Tabelle des § 19 ErbStG entnommen, sondern ergibt sich aus dem Verhältnis der auf den Rentenerwerb entfallenden Steuer zum Kapitalwert des Rentenerwerbs. Eine Steuerfestsetzung erfolgt nur auf den Rentenerwerb als Nacherwerb und zwar auch ...

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