Rz. 5

Der Begriff der Kapitalgesellschaft ist weder im Zivil- noch im Steuerrecht einheitlich definiert. Aus diesem Grunde ist in § 97 Abs. 1 Nr. 1 BewG ausdrücklich klargestellt, was als Kapitalgesellschaft i.S.d. Bewertungsrechts zu gelten hat. Zunächst waren dies die Aktiengesellschaft (AG), die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA). Durch Art. 8 des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEStEG)[10] wurde dieser Katalog um die europäischen Gesellschaften (SE) ergänzt, wodurch der Gesetzgeber den jüngeren gesellschaftsrechtlichen Entwicklungen und der Einführung dieser neuen Gesellschaftsform Rechnung getragen hat.

Gewerbliche bzw. gewerblich geprägte Personengesellschaften, die nach § 1 Abs. 1 KStG[11] zur Körperschaftsteuer optiert haben, sind aber weder zivil- noch bewertungsrechtlich Kapitalgesellschaften.

 

Rz. 6

Wie bereits oben erwähnt, gilt die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft insgesamt und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb. Diese gesetzliche Fiktion ist unabhängig davon, ob bzw. in welchem Umfang die Kapitalgesellschaft tatsächlich einen Gewerbebetrieb unterhält.[12] Auch die Frage, ob die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit einer der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG unterfällt, ist ohne Belang.[13]

 

Rz. 7

Aktiengesellschaft, GmbH und SE bilden aus der Sicht des Bewertungsrechts die klassischen Grundformen der Kapitalgesellschaft. Für sie gelten die dargestellten Grundsätze daher ohne Einschränkung bzw. ohne weitere Besonderheiten. Bei der KGaA erfolgt die Ermittlung des Werts des Betriebsvermögens grundsätzlich nach demselben Schema. Es ergeben sich jedoch Unterschiede hinsichtlich der späteren Aufteilung auf die einzelnen Gesellschafter.[14] Hier wird zunächst wie bei einer Personengesellschaft das Vermögen bzw. der Wert auf den bzw. die persönlich haftenden Gesellschafter einerseits und auf die Gesamtheit der Kommanditaktionäre andererseits aufgeteilt. Dabei wird gedanklich unterstellt, die KGaA habe nur einen einzigen Kommanditisten.[15] Anschließend erfolgt die Aufteilung unter den Kommanditaktionären nach den für Kapitalgesellschaften maßgeblichen Vorgaben.

Ähnlich ist die Situation auch bei der GmbH & Co. KG. Bei dieser handelt es sich zwar unzweifelhaft um eine Personengesellschaft.[16] Dennoch wird ihr Vermögen auf die GmbH (Kapitalgesellschaft) einerseits und die Kommanditisten andererseits aufgeteilt. Wenn – wie in vielen Fällen – die Kommanditisten auch gleichzeitig Gesellschafter der GmbH sind, ist ihnen neben ihren jeweiligen Kommanditanteilen auch der gemeine Wert der GmbH-Anteile zuzurechnen.

[10] Vom 7.12.2006, BGBl I 2006, 2782.
[11] Eingeführt durch Gesetz v. 25.6.2021, BGBl I 2021, 2050 ff.
[14] Wälzholz, in: Viskorf/Schuck/Wälzholz, ErbStG und BewG, § 97 BewG Rn 4.
[15] BFH v. 8.11.1974 – III R 76/73, BStBl II 1975, 470; Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 95 Rn 6.
[16] Auch wenn sie nach § 1 Abs. 1 KStG zur Körperschaftsteuer optiert hat.

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