1. Grundsatz

 

Rz. 6

Für den Erbverzicht schreibt § 2348 BGB die notarielle Beurkundung vor. Beide Erklärungen – Angebot des Verzichtenden und Annahme des Erblassers oder aber auch in anderer Reihenfolge – müssen in dieser Form abgegeben werden. Inwieweit auch andere, im Zusammenhang stehende Geschäfte beurkundungspflichtig werden, ist umstritten.[4]

Es soll sich bei der Beurkundung eines Erb-, Pflichtteils- und Zuwendungsverzichtes nicht um eine Verfügung von Todes wegen i.S.v. § 27 BeurkG handeln, so dass eine Unwirksamkeit nach § 7 BeurkG nicht möglich wäre.[5] Jedenfalls für den direkt auf die Erbfolge wirkenden Erbverzicht ist dies nach hier vertretener Ansicht falsch.

Der gerichtliche Vergleich gem. § 127a BGB steht der notariellen Beurkundung gleich.[6]

[4] Vgl. OLG Düsseldorf ZErb 2011, 201; Keim, RNotZ 2013, 411, 413; Schotten, RNotZ 2012, 94.
[5] OLG Düsseldorf ErbR 2013, 78.
[6] v. Proff zu Irnich, DNotZ 2017, 84, 97.

2. Trennung von Angebot und Annahme

 

Rz. 7

Angebot und Annahme müssen nicht gleichzeitig (also nicht bei Anwesenheit beider Teile) abgegeben werden, §§ 128, 152 BGB. Die zu beurkundende Annahmeerklärung ist dann nicht empfangsbedürftig. Die Trennung von Angebot und Annahme sollte aber vermieden werden. Wenn der Erblasser vor der Annahme eines Verzichtsangebotes verstorben ist, kann das Angebot von seinen Erben nicht mehr angenommen werden, weder beim Erb- noch – nach der h.M. – beim Pflichtteilsverzicht.[7] Eine Umdeutung in einen Erbschafts-, Erbauseinandersetzungsvertrag, Erbteilsverkauf o.Ä. erscheint denkbar, wenn alle lebzeitig Beteiligten dann auch Erben werden.[8] Auf der anderen Seite macht auch der Tod des Verzichtenden die Annahme unmöglich.[9] Eine Annahme danach ist nicht mehr möglich (zum Verlust der Geschäftsfähigkeit vgl. § 2347 Rdn 10–14).

[7] BGHZ 134, 60; v. Proff zu Irnich, DNotZ 2017, 84, 91; a.A. BeckOK BGB/Litzenburger, § 2348 Rn 6.
[8] Vgl. v. Proff zu Irnich, DNotZ 2017, 84, 92.
[9] In diese Richtung auch Staudinger/Schotten, § 2348 Rn 14 m.w.N.; vgl. zudem Reimann, ZEV 1996, 420, 421 f.; Reul, MittRhNotK 1997, 373, 375.

3. In anderer Urkunde? – stillschweigend

 

Rz. 8

Es ist umstritten, ob ein Erbverzicht nur ausdrücklich oder auch stillschweigend erklärt werden kann. Eine stillschweigende Erklärung kommt im Rahmen eines notariellen gemeinschaftlichen Testaments oder bei einem Erbvertrag in Betracht. Zudem können Erklärungen in Erbverträgen als Pflichtteilsverzicht auszulegen sein, wie die, dass der Pflichtteilsberechtigte durch eine Zahlung aus dem "elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden" sei.[10]

 

Rz. 9

Nach der Rechtsprechung des BGH ist ein stillschweigender Erbverzicht möglich.[11] Zumindest das OLG Düsseldorf hat sich dem BGH angeschlossen.[12] Zum Teil wird eher eine Auslegung erwogen.[13]

Der überwiegende Teil der Literatur lehnt einen stillschweigenden Erbverzicht ab.[14] Nach hier vertretener Ansicht kann ein stillschweigender Erbverzicht im Einzelfall durch Auslegung einer anderen Vereinbarung entnommen werden.[15] Die entsprechende Erklärung des Verzichtenden kann aber nur unterstellt werden, wenn dieser wusste, dass er damit nicht nur auf eine mögliche erbrechtliche Zuwendung verzichtet, sondern auch auf eine gesetzlich besonders gesicherte Teilhabe. So ist der vollständige Entfall jeglicher Erbrechte durch eine Wiederverheiratungsklausel eine unzulässige Beeinträchtigung und auf den Pflichtteil zu beschränken.[16] Problematisch sind auch die in Patchworkkonstellationen zunehmend zu findenden Verfügungen von Ehegatten in einem gemeinschaftlichen – handschriftlichen – Testament, welche jeweils die alleinig eigenen Kinder als Erben einsetzen. Es mangelt schon an der Form, um darin einen wirksamen Verzicht auf den Pflichtteil des Ehegatten zu sehen, auch wenn dies der gemeinsame Wille war.

[10] OLG Hamm – 15 W 92/14, DNotI-Report 2015, 14.
[11] BGHZ 22, 364 (zum Erbvertrag); BGH NJW 1977, 1728 (zum gemeinschaftlichen Testament); BGH – IV ZR 54/13, NJW 2014, 782, 783 (zum Prozessvergleich).
[12] OLG Düsseldorf MittBayNot 1999, 574.
[13] BayObLG MDR 1981, 673; zurückhaltend: OLG Hamm FamRZ 1996, 1176.
[14] Staudinger/Schotten, § 2346 Rn 13–15 m.w.N.
[15] Vgl. auch Keim, ZEV 2001, 1, 4.
[16] OLG Saarbrücken – 5 U 19/13, FD-ErbR 2015, 368526 m. zutr. Anm. Litzenburger.

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