Gesetzestext

 

Schlägt der Pflichtteilsberechtigte ein ihm zugewendetes Vermächtnis aus, so hat im Verhältnis der Erben und der Vermächtnisnehmer zueinander derjenige, welchem die Ausschlagung zustatten kommt, die Pflichtteilslast in Höhe des erlangten Vorteils zu tragen.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit § 2307 Abs. 1 S. 1 BGB zu sehen, wonach ein pflichtteilsberechtigter Vermächtnisnehmer das Vermächtnis ausschlagen und stattdessen den Pflichtteil verlangen kann. Derjenige, dem die Ausschlagung zugutekommt, hat gem. § 2321 BGB die Pflichtteilslast i.H.d. erlangten Vorteils zu tragen. Die Vorschrift macht eine Ausnahme zu dem Grundsatz der anteiligen Tragung der Pflichtteilslast.[1] Sie betrifft das Innenverhältnis zwischen Erben und demjenigen, der die Pflichtteilslast nach § 2321 BGB zu tragen hat. Im Außenverhältnis bleiben der Alleinerbe bzw. die Miterben Pflichtteilsschuldner.[2] Die Vorschrift ist nach § 2324 BGB abdingbar.

[1] Staudinger/Otte, § 2321 Rn 1.
[2] MüKo/Lange, § 2321 Rn 1.

B. Tatbestand

I. Personenkreis, dem die Ausschlagung des Vermächtnisses zustattenkommt

 

Rz. 2

Fällt das Vermächtnis, mit welchem der Alleinerbe oder die Miterben beschwert waren, fort, kommt die Ausschlagung diesen zustatten. Die Grundregel des § 2318 Abs. 1 BGB gilt insoweit nicht.[3] Die Pflichtteilslast hat der durch die Ausschlagung Begünstigte i.H.d. erlangten Vorteils allein zu tragen. Eine Abwälzung der Pflichtteilslast auf Vermächtnisnehmer oder Auflagenbegünstigte ist sowohl den Miterben als auch dem Alleinerben untersagt. War ein Miterbe alleine mit dem Vermächtnis beschwert, so hat er im Verhältnis zu den anderen Miterben die Pflichtteilslast i.H.d. erlangten Vorteils auch allein zu tragen.[4]

 

Rz. 3

Die Ausschlagung kommt dem Vermächtnisnehmer zustatten, wenn sein Vermächtnis mit dem durch Ausschlagung weggefallenen Untervermächtnis des Pflichtteilsberechtigten belastet war oder er an die Stelle des Pflichtteilsberechtigten getreten ist, als Ersatzvermächtnisnehmer, § 2190 BGB, oder durch Anwachsung, § 2158 BGB. In diesen Fällen bleiben die Erben Pflichtteilsschuldner. I.H.d. erlangten Vorteils steht ihnen ein Befreiungsanspruch bzw. Erstattungsanspruch i.S.d. § 2321 BGB gegen die Vermächtnisnehmer zu,[5] je nachdem, ob der Erbe den Pflichtteil erfüllt hatte oder nicht. Das Vermächtnis muss der Erbe nur Zug um Zug gegen Befreiung bzw. Erstattung der Pflichtteilslast erfüllen. Ihm steht insoweit ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB zu.[6]

 

Rz. 4

Der im Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratete Ehegatte kann i.R.d. § 2321 BGB nur den kleinen Pflichtteil geltend machen.[7]

[3] RG JW 1914, 593.
[4] MüKo/Lange, § 2321 Rn 4.
[5] MüKo/Lange, § 2321 Rn 5.
[6] Soergel/Dieckmann, § 2321 Rn 4; Staudinger/Otte, § 2321 Rn 5.
[7] MüKo/Lange, § 2321 Rn 1.

II. Lastenverteilung i.H.d. erlangten Vorteils

 

Rz. 5

Der Wert des ausgeschlagenen Vermächtnisses bestimmt i.d.R. die Höhe des erlangten Vorteils. Dies gilt zumindest dann, wenn das Vermächtnis den Pflichtteil erreicht bzw. übersteigt.[8] Ist der Wert des Vermächtnisses geringer, so ermittelt sich die Höhe des erlangten Vorteils durch eine "Vorher-Nachher-Betrachtung" der Rechtslage der Hinblick auf die Ausschlagung.[9] Für die Wertberechnung ist der Erbfall maßgebend, ggf. wirken Zinsen und Zinseszinsen erhöhend.[10]

[8] RG JW 14, 594; Palandt/Weidlich, § 2321 Rn 3.
[9] Staudinger/Otte, § 2321 Rn 6; Palandt/Weidlich, § 2321 Rn 3; Soergel/Dieckmann, § 2321 Rn 5.
[10] RG JW 14, 594.

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