Rz. 10

Durch Abs. 2 wird das Kürzungsrecht des Erben eingeschränkt, wenn der Vermächtnisnehmer ebenfalls pflichtteilsberechtigt ist. Die Kürzung ist dann nur insoweit zulässig, dass dem Vermächtnisnehmer wenigstens sein Pflichtteil verbleibt. Trifft der Erblasser eine von diesem Grundsatz abweichende Regelung durch letztwillige Verfügung, so ist diese Anordnung unbeachtlich. Gekürzt werden kann nur ein den Pflichtteil übersteigender Betrag.[24]

 

Rz. 11

Wenn ein dem in Zugewinngemeinschaft verheirateten Ehegatten zugewendetes Vermächtnis gekürzt werden soll, ist bzgl. des Pflichtteils von seinem erhöhten Erbteil ("großer Pflichtteil") auszugehen. Denn in den Fällen, in denen der überlebende Ehegatte Vermächtnisnehmer ist, steht ihm stets der große Pflichtteil zu.[25] Voraussetzung ist allerdings, dass der Ehegatte das ihm zugewandte Vermächtnis auch annimmt. Dies gilt nach § 6 LPartG auch für den Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.

 

Rz. 12

Der Wert des Vermächtnisses errechnet sich unter Außerachtlassung dessen Beschwerungen.[26]

 

Beispiel*

Erblasser E hinterlässt die Kinder A und B. Der Nachlass beträgt 30.000 EUR. Alleinerbe wird der Freund F. A erhält ein Vermächtnis i.H.v. 7.500 EUR.

Der Pflichtteil von B beträgt 7.500 EUR. F und A hätten gem. Abs. 1 die Pflichtteilslast im Verhältnis ihrer Erwerbe (3:1) zu tragen. Da A aber selbst pflichtteilsberechtigt ist, besteht ein Kürzungsrecht nur insoweit, als das ihm zugewandte Vermächtnis den Pflichtteil übersteigt. Und da sich Pflichtteil und Vermächtnis entsprechen, besteht kein Kürzungsrecht mit der Folge, dass F die Pflichtteilslast alleine trägt.

* vgl. MüKo/Lange, § 2318 Rn 10.

 

Rz. 13

Der Erbe hat den durch die Einschränkung des Kürzungsrechts entstehenden Ausfall nicht allein zu tragen, sondern kann ihn verhältnismäßig auf weitere vorhandene Vermächtnisnehmer und Auflagenbegünstigte abwälzen. Dies ergibt sich bereits aus dem Grundgedanken des Abs. 1.[27]

 

Rz. 14

Eine gesetzliche Regelung hinsichtlich der Beteiligung von Erbe und übrigen Vermächtnisnehmern oder Auflagebegünstigten am Ausfallbetrag fehlt. Nach überwiegender Meinung haben die Vermächtnisnehmer und Auflagenbegünstigten den Ausfall in dem Verhältnis mitzutragen, in dem ihre Nachlassbeteiligung zu der des Erben steht.[28]

[24] Ebenroth/Fuhrmann, BB 1989, 2049, 2055.
[25] Staudinger/Otte, § 2318 Rn 18.
[26] Palandt/Weidlich, § 2318 Rn 3; MüKo/Lange, § 2318 Rn 9.
[27] Staudinger/Otte, § 2318 Rn 17; MüKo/Lange, § 2318 Rn 11.
[28] Staudinger/Otte, § 2318 Rn 17 m.w.N.

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